Freiwillige informieren, qualifizieren und begleiten

Foto: Freiwilligenagentur Magdeburg

Engagement sollte so unkompliziert und niedrigschwellig wie möglich sein. Zugleich ist in der Arbeit mit geflüchteten Menschen ein Basisverständnis ihrer Lebenssituation und aktueller politischer Entwicklungen ebenso wichtig wie das Wissen um die Aufgaben und Grenzen des eigenen Engagements.

Besondere Herausforderungen in der ehrenamtlichen Arbeit mit geflüchteten Menschen:

  • Geflüchtete Menschen sind komplexen Problemen ausgesetzt. In der Regel geht es um existenzielle Fragen zum Aufenthaltsstatus, Asylverfahren, Wohnen, Arbeiten, Familiennachzug. Hier können Freiwillige nur in Grenzen unterstützen, teilweise, wie z.B. bei der Rechtsberatung, dürfen sie rein rechtlich nicht eigenmächtig agieren. Freiwillige sollten auf die Chancen, aber auch die Grenzen des eigenen Engagements vorbereitet werden, um Schaden durch Kompetenzüberschreitung oder Überforderung zu verhindern.
  • Das Engagement kann emotional belastend sein. Ob es die Lebens- und Fluchtgeschichte der Geflüchteten ist, der bürokratische Alltagsirrsinn oder eine drohende Abschiebung oder Verlegung: Freiwillige werden oftmals mit großen emotionalen Herausforderungen konfrontiert, die kaum lösbar sind und ausgehalten werden müssen. Eine gute Begleitung durch Reflexionsangebote kann die Freiwilligen unterstützen.
  • Oft bestimmt das Bild von hilfsbedürftigen Geflüchteten das Engagement. Mit diesem Blick sind Missverständnisse, Abwehr und Enttäuschungen vorprogrammiert. Der Status als geflüchteter Mensch ist nur eins von vielen Merkmalen, die eine Person prägen. Eine Reflexion dieses einseitigen Bildes und die Erkenntnis des eigenen Gewinns am Engagement fördert ein ausbalanciertes, an den Stärken orientiertes Miteinander.
  • Unterschiedliche Werte und Einstellungen stoßen aufeinander. Durch die ehrenamtliche Arbeit bewegen sich viele Menschen außerhalb ihres gesellschaftlichen Milieus, in dem ähnliche politische, religiöse oder gesellschaftliche Vorstellungen vorherrschen. Nicht anders geht es den Geflüchteten. Hier sind auf beiden Seiten Interesse und Toleranz gefragt.

Mögliche Aufgaben einer Freiwilligenagentur

Gerade in der ehrenamtlichen Geflüchtetenarbeit mit ihren vielen unterschiedlichen Akteuren und Themen wie Recht, Bildung, Sprache etc. sollten Ehrenamtliche gut informiert sein. Viele Freiwilligenagenturen erstellen informative Websites, um Freiwillige, Organisationen und teilweise auch Geflüchteten lokale und überregionale Informationen zu geben.

Hier einige Beispiele:

… in der allgemeinen Geflüchtetenarbeit:

  • Die Freiwilligenagentur Magdeburg e.V. gibt mit der Website Migrationswegweiser einen Überblick über Institutionen und Netzwerke, aktuelle Angebote, Hilfen und rechtliche Rahmenbedingungen. Auch stellt die Kommune Heidenheim lokale Informationen online zur Verfügung, ebenso die Freiwilligenagentur Bielefeld.
  • Die Kölner Freiwilligen Agentur hat eine Online-Übersicht erstellt für Menschen, die neu in die ehrenamtliche Geflüchtetenhilfe einsteigen. Hier finden Interessierte lokale Ansprechpartner:innen, Netzwerke, Rundbriefe, Veranstaltungen u.v.m. Zudem hat sie eine Online-Übersicht über ehrenamtliche Sprachmittler-Angebote erstellt.

Ein „Offline-Beispiel“ ist der Infopoint, den Ehren- und Hauptamtliche aus Freiwilligenzentrum Nord, München am Bahnhof betreiben, um Freiwillige und Geflüchtete aus der Ukraine zu informieren.

Freiwilligenagenturen können die Qualifizierung der Freiwilligen über Informationsweitergabe und Fortbildung fördern.

Hier einige Praxisbeispiele:

  • Qualifizierungen zu asylrechtlichen Fragen, für Patenschaften, zum Erstellen einer Website – die Bedarfe der Freiwilligen sind vielfältig und abhängig von den aktuellen Themen. Eine Freiwilligenagentur kann hier durch eigene Angebote oder in Kooperation mit Dritten unterstützen. Ein Beispiel ist das „Forum für Willkommenskultur“, eine Kooperation der Kölner Freiwilligen Agentur e.V. und des Kölner Flüchtlingsrat.
Foto: Marcus Andreas Mohr
  • Angebote zur Sensibilisierung für Diskriminierung, gesellschaftliche Ungleichheiten und Reflexion der eigenen Positionen. So lädt z.B. das Landesnetzwerk Bürgerengagement Berlin Engagierte zum Fachkreis Diversitätsoffenheit ein.
  • Begleitangebote wie professionell angeleitete Reflexionsrunden oder lockere Stammtische sind ebenfalls empfehlenswert. Die Kölner Freiwilligen Agentur e.V. vermittelt zum Beispiel über eine „Energiestation“ professionelle Supervisor:innen, die pro bono Enagierte und Willkommensinitiativen unterstützen. .
  • Freiwilligenagenturen können Engagierte beim Aufbau neuer Projekte beraten. Damit diese erfolgreich sind, sollten sie möglichst nah an den Bedarfen von Geflüchteten angelegt sein. Anregungen geben die Studie „Was wirklich wichtig ist: Einblicke in die Lebenssituation von Flüchtlingen“ der Robert Bosch Stiftung (PDF, 2017) oder „Was Flüchtlinge brauchen – ein Win-Win-Projekt“ der Schriftreihe “Erlanger Migrations- und Integrationsstudien” (Buch, 2016).