Nachhaltigkeit in der Praxis

Foto: Daniel Funes Fuentes via unsplash.com

Die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) zeigen: Nachhaltigkeit ist vielfältig! Eine langfristige Lebensqualität und Wohlstand für heutige und folgende Generationen stehen im Mittelpunkt. Aus den Nachhaltigkeitszielen lassen sich außerdem konkrete Handlungsoptionen für die Arbeit einer Freiwilligenagentur ableiten und im Agentursalltag, bei der Planung von Veranstaltungen oder in der Öffentlichkeitsarbeit berücksichtigen. Die umgesetzten Nachhaltigkeitsaspekte können nach außen oder durch gezielte Bildungsangebote in Netzwerken verbreitet werden. So haben Freiwilligenagenturen die Möglichkeit, als Multiplikatorinnen für Nachhaltigkeit zu wirken. Das folgende Kapitel gibt hierfür einige praktische Hinweise und Denkanstöße für die Berücksichtigung von Nachhaltigskeitskriterien in der eigenen Arbeit.

Lasst euch nicht davon abschrecken, wenn ihr (aktuell) nicht die Möglichkeit habt, tiefgreifende strukturelle Änderungen vorzunehmen, sondern lasst eurer Kreativität freien Lauf und überlegt, was innerhalb eurer Gegebenheiten machbar ist.

Sozial-gerechte Arbeitsbedingungen

Sozial-gerechte Arbeitsbedingungen sind wichtig, da sie die Grundlage für ein positives Arbeitsumfeld schaffen und die Effektivität einer Freiwilligenagenturen stärken. Durch die Sicherstellung von fairen Löhnen, Chancengleichheit und einer inklusiven Arbeitskultur fördern die Agenturen nicht nur das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden, sondern tragen auch zur gesellschaftlichen Gerechtigkeit bei. Ein engagiertes und zufriedenes Team ist besser in der Lage, die Bedürfnisse der Gemeinschaft zu verstehen und effektive Freiwilligenprogramme zu entwickeln. Die folgenden Punkte können euch als Anregung dienen, welche Aspekte zu sozialer Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz beitragen:

  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Beitrag zu Geschlechtergleichberechtigung
  • Faire Löhne
  • Diversität im Team (auch in Führungs- und Aufsichtspositionen)
  • Möglichkeit der Arbeitszeitverkürzung: Erwerbsarbeitszeitreduktion bietet eine „dreifache Dividende“ (Bader et al., 2020), da sie sowohl den Ausstoß von Treibhausgasen reduziert und zu mehr Wohlergehen beiträgt als auch Kosten für Personalausfälle und -fluktuation verringert.
  • Qualifikation & lebenslanges Lernen: Die kontinuierliche Qualifizierung von Mitarbeitenden und die Förderung lebenslangen Lernens ermöglichen Chancengleichheit und persönliche Entwicklung von Mitarbeitenden und Engagierten, was wiederum die individuelle Resilienz stärkt, die soziale Mobilität fördert und letztendlich zur Schaffung einer nachhaltigeren Gesellschaft beiträgt.

Lektürehinweis:Zeitwohlstand Wie wir anders arbeiten, nachhaltig wirtschaften und besser leben. des Konzeptwerk Neue Ökonomie e. V. Hier als PDF kostenlos erhältlich.

Die bagfa-Themenwelt Inklusion informiert über Haltungsfragen, Barrierefreiheit und viele weitere Punkte, die eine inklusive Gesellschaft ermöglichen.

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Nachhaltigkeit im Büro-Alltag

Viele Menschen übertragen bereits umweltfreundliche Gewohnheiten wie z.B. Mülltrennung, energiesparendes Heizen und Beleuchten oder Ähnliches von zuhause in den Büro-Alltag. Doch es gibt noch viele weitere Möglichkeiten, soziale und ökologische Nachhaltigkeit im Arbeitsumfeld zu verankern:

  • Auch bei Weihnachtsfeier, Sommerfest & Co auf Aspekte nachhaltiger Veranstaltungen achten. Und warum nicht auch mal eine Kleidertausch-Party oder einen Pflanzenmarkt veranstalten?
  • Örtliche Gegebenheiten kreativ nutzen: Euer Büro hat einen Balkon oder vielleicht sogar eine (Dach-)Terrasse? Wie wäre es z.B. mit einem bienenfreundlichen Blumenkasten oder einem Teich-im-Topf zum Erhalt der Artenvielfalt? Die Einrichtung geht ohne viel Aufwand und kann gleichzeitig als Team-Event den Gemeinschaftssinn stärken und zum Voneinander-Lernen anregen. Und wer nicht nur gerne gärtnert, sondern womöglich auch gerne kocht, kann auch auf Balkon oder Terrasse Gemüse anpflanzen – und hat auf diese Weise gleich die nötigen Zutaten für’s gemeinsame Kochen.
  • Ernährung ist eine sehr effektive und verhältnismäßig einfache Stellschraube für einen nachhaltigen Lebensstil. Vielleicht hat euer Team Lust einmal die Woche oder im Monat gemeinsam ein regionales, saisonales, vielleicht sogar vegetarisches oder veganes Rezept zu kochen oder durch kreative Resteverwertung Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Gemeinsam kochen und essen stärkt nicht nur den Teamgeist, sondern ist auch gut für die Seele (und liefert ganz nebenbei Inspiration für die eigene Küche zuhause).
  • Mobilität ist ein weiterer wichtiger Hebel für mehr Nachhaltigkeit: Vielleicht bietet ihr euren Mitarbeitenden bereits ÖPNV-Tickets und fördert umweltfreundliche Transportmittel bei Dienstreisen. Falls das keine Option ist, lassen sich vielleicht Fahrgemeinschaften organisieren oder durch flexible Home-Office Lösungen Fahrten von und zum Arbeitsort reduzieren (siehe auch die Themenwelt Digitalisierung). Und wenn das Budget nicht für’s Dienstrad reicht, lässt sich stattdessen ja vielleicht ein gemeinsamer Fahrrad-Reparatur-Tag als Team-Event organisieren oder eine Kooperation mit einem lokalen Repair-Café etablieren.
  • Für soziale Nachhaltigkeit spielen auch Inklusion und Diversität eine wichtige Rolle (siehe auch unter Nachhaltigkeit & Demokratie). Gibt es Möglichkeiten, euer Arbeitsumfeld inklusiver zu gestalten und insbesondere die Bedürfnisse von Teammitgliedern aus marginalisierten Gruppen besonders zu berücksichtigen?

Diese Grafik hilft euch dabei, die Wirksamkeit einzelner Handlungen einzuschätzen. Im Abschnitt „Klimakommunikations und Klimapsychologie“ des ersten Kapitels findet ihr mehr Infos dazu, wie man gängige Verhaltensmuster erkennen und verstehen kann und nachhaltige Entscheidungen leichter trifft.

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Nachhaltige Veranstaltungen

Nachhaltiges Veranstaltungsmanagement ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Aktivitäten der Freiwilligenagenturen nicht zu Umweltbelastungen führen. Durch die Auswahl umweltfreundlicher Veranstaltungsorte, die Reduzierung von Abfall und den Einsatz nachhaltiger Ressourcen minimieren die Agenturen ihren ökologischen Fußabdruck. Dies trägt dazu bei, das Bewusstsein für Umweltfragen zu schärfen und zeigt, dass auch Veranstaltungen auf nachhaltige Weise organisiert werden können.

Hier einige Beispiele:

  • ÖPNV-angebundene Veranstaltungsorte
  • Nachhaltige Seminarhäuser: Bundesweit gibt es zahlreiche Seminarhäuser, die auf ökologische und/oder soziale Nachhaltigkeit setzen. Die ÖPNV-Anbindung kann in manchen Fällen zwar eine Herausforderung sein, aber je nach Charakter und Dauer der Veranstaltung, lassen sich auch hier Alternativen wie z.B. Fahrgemeinschaften oder ein Shuttle-Service zum nächsten Bahnhof einrichten.

Der Verein Offene Häuser e.V. bietet beispielsweise besondere Seminar- und Begegnungsorte, bei denen nicht nur Umwelt und Natur, sondern auch Denkmalpflege, Bildung, Kultur und zivilgesellschaftliches Engagement großgeschrieben werden.

  • Regionales, saisonales, ökologisches Catering
  • Reste-Verwertung
  • Müllvermeidung
  • Doch nicht nur bei der Logistik sollte Nachhaltigkeit eine Rolle spielen. Partizipative Formate und Methoden tragen wesentlich zur sozialen Nachhaltigkeit bei, da sie auf Inklusion, Beteiligung und demokratischen Prinzipien basieren (siehe auch Nachhaltigkeit, Demokratie & Engagement).

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Nachhaltige Öffentlichkeitsarbeit

Nachhaltige Öffentlichkeitsarbeit ist entscheidend, um das Bewusstsein für soziale und ökologische Themen zu schärfen und die Gemeinschaft zur Beteiligung zu motivieren. Freiwilligenagenturen können durch den Einsatz von umweltfreundlichen Kommunikationsmitteln, digitalen Plattformen und Informationsmaterialien aktiv dazu beitragen. Eine nachhaltige Öffentlichkeitsarbeit trägt nicht nur zu einem schonenden Umgang mit Ressourcen bei, sondern erhöht auch die Authentizität, da nachhaltige Aktivitäten und das gleichzeitige Informieren über diese den gleichen Werten entsprechen.

Die bagfa-Themenwelt Digitalisierung hält einige Anregungen für digitale Zusammenarbeit bereit sowie eine Toolbox mit weiteren Empfehlungen.

Hier einige Beispiele:

  • Nachhaltige Druckereien für Flyer, Broschüren, etc. wählen
  • Sparsamer Umgang mit PR-Materialien, Produktion von wiederverwendbaren Artikeln (z.B. Hüllen für Namensschilder, die nach Ende einer Veranstaltung zurückgegeben werden können, anstatt einmalig gedruckte Namensschilder produzieren zu lassen)
  • nachhaltige Hersteller für Merchandising wählen
  • Nachhaltiges Web-Design. (Mehr Informationen hier)
  • Inklusives Webdesign
  • Leichte Sprache/Mehrsprachigkeit

Nachhaltigkeit in der Auftragsvergabe und Beschaffung

Soziale und ökologische Kriterien können auch bei der Auftragsvergabe, in Ausschreibungen und bei der Beschaffung berücksichtigt werden:

  • Einen gut verständlichen Einstieg in die Thematik findet ihr hier auf der Website „Vergabe-Insider“
  • Das Umweltbundesamt bietet eine ausführliche Übersicht über die rechtliche Grundlage von Umweltaspekten in Vergabeverfahren hier
  • Eine Arbeitshilfe für den umweltfreundlichen und sozialverträglichen Einkauf in Kommunen bietet das Land Baden-Württemberg hier
  • Ein anschauliches Praxisbeispiel bietet der Leitfaden des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) „Kriterien für nachhaltige Vergabe“ hier
  • Als „all in one“ Plattform bietet der Kompass Nachhaltigkeit kommunale Praxisbeispiele, einen Gütezeichenfinder, Informationen zur Nachweisführung und Grundlagenwissen

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BNE: Bildung für Nachhaltige Entwicklung

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist eine Schnittstelle, an der sich die Wirkung einer Freiwilligenagentur nach außen und ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen nach innen treffen.

Durch Bildungsangebote für Engagierte und gemeinnützige Organisationen leisten Freiwilligenagenturen einen wichtigen Beitrag zum Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung und wirken somit nach außen. Indem sie sich selbst als lernende Organisationen verstehen und ihre Mitarbeitenden zum lebenslangen Lernen ermutigen und befähigen, tragen sie aber auch dazu bei, Nachhaltigkeit intern stärker zu verankern.

In ihrer Wirkung nach außen nehmen Freiwilligenagenturen eine Multiplikatorinnenrolle ein, die durch eine strategische Herangehensweise zusätzlich gestärkt werden kann. Die folgenden vier Aspekte bieten Anregungen, wie Freiwilligenagenturen durch BNE Nachhaltigkeit nach innen und nach außen weiterentwickeln können:

1.

Formate und Netzwerke
Impulspatenschaften mobilisieren neue Gruppen von Bürgerinnen und Bürgern für das Engagement. Das modifizierte Format, das die zeitlichen Anforderungen zunächst gering ansetzt, erleichtert den Zugang in das Engagement. Freiwilligenagenturen könnten Workshops, Schulungen, Seminare und Webinare organisieren, um ihre Mitarbeitenden und Freiwilligen über Nachhaltigkeitsthemen zu informieren und sie in BNE-Praktiken zu schulen. Durch die Schaffung von Netzwerken mit Expert:innen, anderen Organisationen und Bildungseinrichtungen können sie Ressourcen und Best Practices austauschen und voneinander lernen.

Siehe hierzu auch die bagfa-Themenseite “Citizen Science ein Feld für Freiwilligenagenturen”.

2.

Herausforderungen und Chancen

Herausforderungen können in begrenzten finanziellen Mitteln, Zeitressourcen und der Notwendigkeit einer kontinuierlichen Weiterbildung liegen. Chancen bieten sich jedoch in der Möglichkeit, das Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu stärken, Synergien zwischen verschiedenen Akteuren zu schaffen und innovative Bildungsansätze zu entwickeln, die auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft zugeschnitten sind.

3.

Partnerschaften und Kooperationen
Um BNE in verschiedenen Bereichen zu fördern und breitere Zielgruppen zu erreichen, können Freiwilligenagenturen mit Schulen, Universitäten, Unternehmen und staatlichen Stellen zusammenarbeiten. Durch solche Partnerschaften können sie ihre Reichweite erweitern und eine ganzheitliche und nachhaltige Bildungsstrategie entwickeln.

4.

Befähigung der Mitarbeitenden
Es ist wichtig, Mitarbeitende zu ermächtigen und zu befähigen, selbst als Multiplikator:innen für BNE zu fungieren. Dies kann durch interne Schulungen, Weiterbildungsangebote, Ressourcenbereitstellung und die Schaffung einer unterstützenden Organisationskultur geschehen, die lebenslanges Lernen und Engagement für Nachhaltigkeit fördert.

Durch eine strategische Ausrichtung auf Bildung für nachhaltige Entwicklung und die Schaffung von geeigneten Formaten, Netzwerken und Partnerschaften können Freiwilligenagenturen eine bedeutende Rolle als Multiplikator:innen für gesellschaftliche Nachhaltigkeit spielen.

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