14.03.2022

Kurzdokumentation: Gesellschaft mitgestalten! Engagementfördernde Einrichtungen im Wandel

Eine Online-Veranstaltung des NETZWERK ENGAGEMENTFÖRDERUNG mit Freiwilligenagenturen, Bürgerstiftungen, Seniorenbüros, Mehrgenerationenhäusern und Selbsthilfegruppen

Wir stehen in der (Zivil-) Gesellschaft vor großen Umbrüchen: Demografischer Wandel, Digitalisierung, Klimawandel und soziale Ungleichheit….Was können die engagementfördernden Einrichtungen beitragen, um diesen Herausforderungen zu begegnen?

Dazu hat das NETZWERK ENGAGEMENTFÖRDERUNG, eine Expertise bei Dr. Holger Krimmer, Geschäftsführer der ZiviZ gGmbH im Stifterverband, in Auftrag gegeben, die (zivil)gesellschaftliche Wandlungsprozesse beschreibt und daraus Perspektiven für die weitere Entwicklung der Engagementförderung und der lokalen Anlauf-, Beratungs-, und Netzwerkstellen ableitet.

Die zentralen Befunde wurden während des Thementages präsentiert und mit rund 150 interessierten Mitgliedern aus dem Netzwerk diskutiert. Die Ergebnisse fassen wir hier zusammen.

Der Online-Workshop „Gesellschaft mitgestalten! Engagementfördernde Einrichtungen im Wandel“ war eine Kooperationsveranstaltung des NETZWERK ENGAGEMENTFÖRDERUNG. Darin haben sich die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V. (bagfa), die Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e.V. (BaS), die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. (DAG SHG), das Bündnis der Bürgerstiftungen Deutschlands (BBD) und das Bundesnetzwerk Mehrgenerationenhäuser e.V. (BNW MGH) zusammengeschlossen. Sie haben sich – über die Besonderheiten der jeweiligen Einrichtungen hinweg – gemeinsam zur Aufgabe gemacht, die lokalen Engagementstrukturen nachhaltig und verlässlich zu stärken.

Selbstorganisationsfähigkeit stärken – Strukturwandel mitgestalten

Nach Begrüßung und Einführungsgespräch mit den Veranstalter:innen stellte Dr. Holger Krimmer die wesentlichen Befunde seiner Expertise “Selbstorganisationsfähigkeit stärken – Strukturwandel mitgestalten” vor. Als wichtig wird vom ihm ein umfassender gesellschaftlicher Wandel gesehen, der z.B. durch Digitalisierung, Klimawandel und Demografie angetrieben wird. Dies hat auch Auswirkungen auf das freiwillige Engagement und zivilgesellschaftliche Organisationen. Zugleich kann in diesem Transformationsprozess das freiwillige Engagement eine wichtige gestaltende Rolle einnehmen. In diesem Spannungsfeld von alten und neuen Herausforderungen bewegen sich die engagementfördernden Einrichtungen vor Ort.

Zentrale Thesen waren:

  • Nicht nur das bürgerschaftliche Engagement, auch die Zivilgesellschaft befindet sich in einem Strukturwandel. Es sollte diskutiert werden, welche Folgerungen sich daraus für die Engagementförderung ableiten lassen.?
  • Der durch die Corona-Pandemie beschleunigte digitale Wandel im Engagement erfordert breitere und dezentrale Beratungs- und Unterstützungsstrukturen vor Ort.
  • Die rückgängige Bereitschaft der Übernahme von Leitungsfunktionen in gemeinnützigen Organisationen stellt für eine zunehmende Anzahl von ihnen eine existentielle Herausforderung dar. Engagementfördernde Einrichtungen sollten auf lokaler Ebene Vereine mit besonderem Mobilisierungs- und Beratungsbedarf identifizieren und sie unterstützen.
  • Die politisch viel diskutierte Herausforderung einer Transformation hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft führt schon jetzt zu einer Beschleunigung von sozialem Wandel. Gleichzeitig wachsen Wahrnehmungen von Spaltungen und Polarisierungen in der Gesellschaft. Für die lokale Engagementförderung folgt daraus ganz praktisch die Frage, wie politisch initiierter Wandel durch Dialogforen oder andere Formate sozial übersetzt werden kann und BürgerInnen von Objekten zu Subjekten des Wandels werden.
  • Engagementförderung auf lokaler, Landes- und Bundesebene ist in den vergangenen Dekaden zu einem Handlungsfeld mit komplexen Akteurskonstellationen geworden. Bislang gelingt es vor allem aufgrund eher kompetitiven (Förder-)Strukturen und mangelnder Strategie noch nicht ausreichend, die möglichen Synergien zwischen den Ebenen oder auch zwischen öffentlichen und gemeinnützigen Akteuren wirkungsvoll umzusetzen. Das könnte aber ein wichtiger Hebel zur Weiterentwicklung der Engagementförderung sein.

Die Präsentation finden Sie hier und die vollständige Expertise hier (als PDF zum Download).

Gemeinsame Diskussion

Die Mitarbeitenden aus Bürgerstiftungen, Freiwilligenagenturen, Selbsthilfekontaktstellen, Mehrgenerationenhäusern und Seniorenbüros debattierten lebhaft über die vorgestellten Thesen. Sie gingen in gemischten Kleingruppen u.a. der Frage nach, welchen Beitrag ihre Einrichtungen bei der Bewältigung dieser großen Modernisierungsaufgaben leisten können. Sie können im besten Fall eine wichtige lokale Schnittstellenfunktion für die Moderation und partizipative Mitwirkung der engagierten Menschen an diesen Prozessen einnehmen. Die Beteiligten argumentierten im Sinne der vorgelegten Expertise für ein klares Leitbild „gutes Engagement“ sowie eine Stärkung von Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt.  Dafür müssten jedoch auch die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen werden und eine Lösung für die nachhaltige Finanzierung der Anlaufstellen gefunden werden.

Die Teilnehmenden sammelten ihre Ideen auf virtuellen Padlets. Eine Zusammenfassung der Padlets finden Sie hier (als PDF zum Download).

Fazit

Tobias Kemnitzer, Geschäftsführer der bagfa und Sprecher des NETZWERK ENGAGEMENTFÖRDERUNG zog das Fazit, dass alle im Netzwerk vertretenen Einrichtungen trotz ihrer unterschiedlichen Verfasstheit ähnliche Themen umtreiben: die Neupositionierung nach Corona, die Gewinnung von jungen Engagierten, die Entwicklung einer klaren politischen Haltung gegenüber demokratiefeindlichen Strömungen und die Ermittlung von Beratungs- und Förderbedarfen von Vereinen. Nun wird es für das Netzwerk darum gehen, die Themen, die die Teilnehmenden bewegen, in die Politik zu tragen.