Hochschulen – ein passendes Gegenüber für Freiwilligenagenturen?
Passend zum internationalen Tag des Ehrenamtes am 5. Dezember trafen sich knapp 30 Freiwilligenagenturen für ein digitales Arbeitsforum zum Thema Kooperationen mit Hochschulen zur Förderung des Engagements (internationaler) Studierender. Die Freiwilligenagenturen Halle, Eberswalde, Essen und Marburg haben in den drei Jahren zusammen mit ihren jeweiligen Hochschulen vor Ort Erfahrungen in einem durch das BAMF geförderten Transfer- und Entwicklungsprojektes gesammelt, die im Arbeitsforum vorgestellt und diskutiert wurden.
Zunächst begrüßte Tobias Kemnitzer, Geschäftsführer der bagfa, die Teilnehmenden und Referent:innen und berichtete, dass er Kooperationen von Freiwilligenagenturen mit Hochschulen im Bereich Engagementförderung für durchaus chancenreich und zukunftsgerichtet halte und er als Beiratsmitglied des Projektes „STUDIUM HOCH E – Integration durch Engagement“ wertvolle Einblicke in konkrete Formate und Gelingensbedingungen gewinnen durfte. Die gute Resonanz von Freiwilligenagenturen auf dieses Arbeitsforum bestätigen seine Einschätzung zur Relevanz des Themas.
Christine Sattler von der Freiwilligen-Agentur Halle gab danach einen kurzen Einblick in die Ziele, Beteiligten, Vorgehen und zentrale Erkenntnisse des Transfer- und Entwicklungsprojekts „STUDIUM HOCH E – Integration durch Engagement “ (2019 – 2022) und des vorausgegangenen Pilotprojekts „Students meet Society“ am Standort in Halle. Neben der zentralen Zielstellung der verbesserten gesellschaftlichen Integration internationaler Studierender durch Engagement am Hochschulstandort ging es in beiden Projekten vor allem um die gemeinsame (Aus-)Gestaltung neuer Kooperationen und Aufgabenteilung zwischen den beteiligten Freiwilligenagenturen und Hochschulen.
Die wichtigsten „Learnings“ wie klare Rollenverteilungen und feste Ansprechpartner, Verständnis füreinander und Wissen um die Kompetenzen des jeweils anderen oder Vertrauensbildung durch gemeinsame Veranstaltungen und praktische Formate konnten im Arbeitsforum nur kurz referiert werden. Dafür gab es aber eine kleine Vorschau auf den entstehenden Praxisleitfaden des Projektes, der in Kürze durch das BBE als Träger des Projektes STUDIUM HOCH E veröffentlicht werden wird.
„Speeddating“ mit den beteiligten Projektstandorten
Im nächsten Teil des Arbeitsforums wurde es dann konkret: Laura Malz von der Freiwilligenagentur Marburg-Biedenkopf, Katja Schmidt von der Freiwilligenagentur Eberswalde und Vincent Demant von der Ehrenamt Agentur Essen berichteten in drei kurzen Breakout-Runden vor wechselnden Teilnehmenden von der Projektumsetzung in Kooperation mit den Universitäten bzw. Hochschulen bei ihnen vor Ort und stellten konkrete Formate und Instrumente vor, die sie vor Ort für die Ansprache und Engagementförderung internationaler Studierender gewählt hatten.
Vincent Demant konnte anhand eines Schaubildes aufzeigen, wie in der Zusammenarbeit von Ehrenamt Agentur Essen und der Uni Duisburg Essen die Ansprache, Beratung und Vermittlung der Studierenden gelungen ist:
Eine zusammenfassende Erkenntnis aller drei Standorte mit dem Projekt: es gibt eine echte Win-Win-Win Situation für alle Beteiligten (FWA, Hochschule, Zivilgesellschaft). Und das Projekt bot Möglichkeiten zum Experimentieren und Anpassen der gewählten Formate und Instrumente zur Begleitung ins Engagement.
Laura Malz bekräftigte diesen Aspekt in ihrer Präsentation mit der nebenstehenden These.
„Und wie können wir anfangen?“ – Gemeinsame Diskussion
In Kleingruppen hatten die Teilnehmenden dann Gelegenheit, die aus den von den Projektbeteiligten geschilderten Erkenntnissen und Entwicklungen mit ihren eigenen Erfahrungen und Gedanken abzugleichen.
Drei Leitfragen für die Diskussion bekamen die Kleingruppen mit auf den Weg:
- Welchen Stellenwert haben Studierende als Zielgruppe für Euch und wie erreicht Ihr sie?
- Was sind Eure Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit HS : Wie sieht die Zusammenarbeit genau aus?
- Wo seht Ihr mögliche Rollen und Angebote von Freiwilligenagenturen an Hochschulen und Anknüpfungspunkte?
Auch die bereits vor einem Jahr im Rahmen eines Workshops zu diesem Thema beim Deutschen Engagementtag formulierten Kernthese durften die Teilnehmenden diskutieren:
„Die Kooperation zwischen Hochschule und Freiwilligenagentur ist eine zukunftsorientierte Aufgabe, die von beiden Seiten aktiv gewollt, strategisch angegangen und praktisch umgesetzt werden muss.”
Als Fazit lässt sich aus den Diskussionen zusammenfassen:
- Studierende sind für alle teilnehmenden Freiwilligenagenturen eine wichtige Zielgruppe der Engagementförderung.
- Bislang gibt es noch so gut wie keine oder nur sehr wenige systematische Kooperationen mit Hochschulen. Eine Zusammenarbeit passiert eher zufällig, projekt- oder personenbezogen.
- Es wird als Schwierigkeit gesehen, in der Hochschule die richtigen Ansprechpartner/ die richtige Organisationseinheit für die Kooperation zu identifizieren – als mögliche Schnittstellen wurden benannt: Studierendenservice, Career Center, International Office, wenn vorhanden Transferstellen für Service Learning, Buddyprogramme, Studierendenwerke.
- Am nachhaltigsten wird eine Kooperation eingeschätzt, in der die Hochschulleitung involviert ist – hier könnte eine Sammlung guter Argumente für Freiwilligenagenturen hilfreich sein!
- In Übereinstimmung mit der Kernthese konnte festgestellt werden: Es braucht ein klares Commitment, gemeinsame Ziele, Kontinuität von Ansprechpartner:innen, gegenseitiges Verständnis für und Anerkennung der unterschiedlichen Handlungslogiken, Geschwindigkeiten und Kompetenzen.
- Es wird eingeschätzt, dass die Zeit für ein Zugehen auf die Hochschulen günstig sei: Themen wie gesellschaftliche Verantwortung, Wissenstransfer mit Gesellschaft und Partnerschaften mit Zivilgesellschaft werden für Hochschulen zunehmend wichtiger. Freiwilligenagenturen können für Hochschulen vor allem als Mittler zur Zivilgesellschaft vor Ort attraktiv sein.
- Der Mehrwert des Engagements und der Engagementförderung für alle Seiten liegt auf der Hand:
- für internationale Studierende: Kontakte, Identifikation mit dem Studienort, Spracherwerb, berufliche Orientierung…,
- für die Hochschulen: motivierte Studierende, Relevanz der Engagementerfahrungen für das Studium, größerer Studienerfolg …) und
- für die Zivilgesellschaft: interkulturelle Perspektive und Öffnung, akademisches Wissen, potentielle Fachkräfte….
- Zeitliche und finanzielle Ressourcen sind eine wichtige Vorrausetzung für eine gute Zusammenarbeit.