21.06.2019

Erster „Brennpunkt Engagement“ über Monetarisierung und Ehrenamt

Organisiert vom zze Freiburg in Kooperation mit der bagfa

Ehrenamts- und Übungsleiterpauschalen, Aufwandsentschädigungen, Taschengeld, Fahrtkostenerstattungen – Geld spielt in vielen Bereichen des Engagements eine Rolle.

Aber wird der Kern des bürgerschaftlichen Engagements dadurch negativ beeinflusst? Welche Rolle spielt die so genannte Übungsleiterpauschale für Monetarisierungsprozesse in bestimmten Engagementfeldern? Wie können Intransparenz und bedenkliche Modelle aus dem Niedriglohnsektor vermieden werden? 

Foto: bagfa e.V.

Mit diesen Fragen beschäftigten sich am 6. Juni 2019 insgesamt 50 Teilnehmer/innen auf dem ersten Brennpunkt Engagement unter dem Titel „Monetarisierung und Ehrenamt“ im Nachbarschaftshaus Urbanstraße in Berlin-Kreuzberg. Geladen hatte das Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze) aus Freiburg, in Person von Prof. Dr. Thomas Klie, der die Veranstaltung gemeinsam mit Birgit Bursee (bagfa Vorstand) eröffnete.

Nach einem Einblick in die Herausforderungen der Praxis vor Ort, in einem von Prof. Dr. Martina Wegner (Hochschule München) moderierten Gespräch mit Markus Runge (Nachbarschaftshaus Urbanstraße e.V) und Dr. Jochen Gollbach (FreiwilligenAgentur Marzahn-Hellersdorf) präsentierten Prof. Dr. Klie und Prof. Dr. Paul-Stefan Roß (Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart) die Analysen und Empfehlungen der Zweiten Engagementberichtskommission sowie aktuelle Befunde zum Thema Geld und Ehrenamt.

Im Laufe der Veranstaltung stellte sich deutlich heraus, dass das Thema Monetarisierung insbesondere in den Bereichen Nachbarschaftshilfe und Pflege sowie im Sport von herausragender Bedeutung ist und durchaus unterschiedliche Einschätzungen bestehen. Hierzu berichtete zum einen Dr. Julia Schlicht vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband aus einer aktuellen Studie zur organisierten Nachbarschaftshilfe. Zudem teilte Dr. Karin Fehres vom Deutschen Olympischen Sportbund ihre spezifischen Erfahrungen aus der großen Welt des Sports, in der die Übungsleiterpauschale zum Alltag vieler Vereine gehört.

Zum Highlight eines inhaltsgeladenen Tages entwickelte sich das so genannte Thesen-Battle, bei dem Tobias Kemnitzer (bagfa) und Prof. Dr. Klie mit dem Podium, bestehend aus Matthias Betz (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V.), Beate Moser (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), Dr. Thomas Röbke (Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement  Bayern e.V.) und Dr. Karin Fehres (Deutscher Olympische Sportbund e.V.), die folgenden sieben Thesen zu Monetarisierung im Ehrenamt diskutierten:

  1. Systemerhaltung: Monetarisierung ist innovationsfeindlich.
  2. (Zer)Störung: Monetarisierung trifft den Kern des bürgerschaftlichen Engagements.
  3. Professionalisierung: Monetarisierung setzt auf falsche ökonomische Vorbilder.
  4. Trickserei 1: Die Kombination Übungsleiterpauschale und geringfügige Beschäftigung ist ein No-Go. 5.    
  5. Trickserei 2: Pauschalierte Aufwandsentschädigungen sollten vermieden werden.
  6. Offenheit: Es braucht einen transparenten Umgang mit Geld, wenn es um das Gemeinwohl geht.
  7. Wirkung: Die Leistungen der Zivilgesellschaft brauchen einen angemessenen – auch monetären – Rahmen.

Das Publikum konnte ebenfalls sich zu den Thesen in Abstimmungen und Kommentaren positionieren. Obwohl nicht in allen Punkten, waren sich die Teilnehmer/innen in einer Sache dennoch einig und stimmten mit den Empfehlungen der Kommission zum Zweiten Engagementbericht überein: Beim Umgang mit Geld im Ehrenamt bedarf es vor allem mehr Transparenz und einer klaren Abgrenzung zu anderen Beschäftigungsformen und Erwerbsarbeit. 

Bereits in den Jahren 2014/2015 hat die bagfa zwei Papiere zur Diskussion um Monetarisierung herausgegeben:

Die Folien zum Input von Prof. Dr. Thomas Klie lassen sich hier einsehen.