Es spricht für unsere Gesellschaft, dass sich so viele Menschen solidarisch zeigen und ihre Hilfe anbieten, um mit der Corona-Krise umzugehen.
Deshalb ist nun auch die Infrastruktur der Freiwilligenagenturen und anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen gefragt – als Aufklärerinnen, Informationsgeberinnen und Netzwerkstellen.
Allerdings muss auch das Engagement neu und sicher gedacht werden, denn persönlicher Kontakt und Interaktion mit Menschen und Zielgruppen – das, was Engagement sonst ausmacht – sind aktuell nicht geboten, sondern potenziell gefährlich und daher immer auf die Notwendigkeit zu überprüfen.
Aber gleichzeitig können wir auch aktiv werden, es gibt schließlich auch telefonische und digitale Wege, die nun beschritten werden können.
Dazu haben wir Informationen sowie Empfehlungen für Engagementinteressierte, Freiwilligenagenturen und weitere zivilgesellschaftliche Organisationen zusammengestellt.
Per Klick können Sie direkt zum jeweiligen Abschnitt gelangen:
Die Hinweise und Ideen sind aus einer Abfrage unter den 400 Freiwilligenagenturen und Eigenrecherchen in unseren Netzwerken und öffentlichen Quellen entstanden.
Die Situation und auch das Wissen über Corona wird sich ständig ändern. Aufgrund dieser Dynamik können unsere Angaben und Aussagen nie vollständig und minutenaktuell sein, aber wir werden die Aussagen kontinuierlich der Entwicklung anpassen.
Helfen Sie uns gerne die Seite zu verbessern und schicken Sie uns Ihre Hinweise an bagfa@bagfa.de.
Aktuell finden wir: Solidarität heißt Abstand halten, Verzicht und Vorsicht. Das bedeutet: Die erste Engagementform ist, sich nicht mehr mit anderen Menschen (insbesondere aus Risikogruppen) persönlich zu treffen, aber digital und telefonisch geht alles.(Statt von Social Distancing sollte man besser von Distant Socialising sprechen, siehe hier.) So kann man dazu beitragen, die Krise für alle – gerade im Kleinen – erträglicher zu machen. Es ist schön, dass sich viele Menschen einbringen möchten, aber wir brauchen auch nicht nur Sofort-Engagement, sondern reflektiertes Handeln mit langem Atem. Denn: „Mit einem kurzen Sprint ist es nicht getan. Wir müssen uns auf einen Marathon einstellen…“ (Virologe Schmidt-Chanasit, Universität Hamburg, hier)
Wie kann ich mich wirksam und sicher engagieren?
Empfehlungen der bagfa
Foto: Pawel Czerwinski via Unsplash
Das oberste Gebot: Sich selbst und andere schützen
Eine der besten guten Taten derzeit: Beherzigen Sie die allseits kommunizierten Schutzmaßnahmen (Händewaschen, Abstand halten, Hustenetikette). Mehr Informationen hier. Und weisen Sie andere darauf hin, das auch zu tun. Infografiken dazu finden Sie hier. Auch das Tragen einer Mundmaske wird empfohlen, vor allem in geschlossenen Räumen. Solche Mundmasken lassen sich auch selbst herstellen, Information dazu finden Sie weite runten auf dieser Seite.
Der Selbstschutz von Freiwilligen im Einsatz ist immer wichtig – aber gegenwärtig noch wichtiger. Ein Projekt des Bundesforschungsministeriums hat nun den „Arbeits- und Gesundheitsschutz bei Spontanhelfern“ übersichtlich zusammengefasst. Die jeweiligen Handlungshilfen, erstellt von der Uni Wuppertal gemeinsam mit den Maltesern, finden sich hier.
Klären Sie für sich selbst, ob Sie zu einer Risikogruppe gehören, aus einem Risikogebiet kommen oder im schlimmsten Fall an Covid-19 erkrankt bzw. mit dem Virus infiziert sind. Informationen zu den Risikogruppen finden Sie hier sowie zu den Risikogebieten hier.
Ob man sich selbst angesteckt hat, kann am besten ein Arzt herausfinden. Wie man genau vorgeht, um einen Verdacht abzuklären, zeigt ein Flussdiagramm hier.
Halten Sie sich an die entsprechenden Empfehlungen des Robert Koch-Instituts und an die Anweisungen der zuständigen örtlichen Behörden.
Selbst- und Fremdschutz kann auch bedeuten: Nicht die ganze Zeit über Corona lesen, sprechen, grübeln oder sich dazu engagieren, sondern sich auch mit Dingen beschäftigen, die nichts, aber auch gar nichts damit zu tun haben, runterkommen etc.
1. Klären Sie mit auf
Seien Sie Vorbild, bleiben Sie wenn möglich zu Hause! Halten Sie Abstand ein. Wirken Sie auf Ihr (persönliches) Umfeld, insbesondere bei den Risikogruppen ein, sich nicht mehr in der Öffentlichkeit zu bewegen – und wenn, dann mit entsprechendem Abstand zu anderen.
Erkennen und unterbinden Sie gegebenenfalls Fake News. So wurde behauptet, die Papierhülsen von Toilettenpapier seien mit SARS-CoV-2 kontaminiert – eine Lüge. Falschnachrichten verunsichern und können dazu führen, dass Menschen sich und anderen schaden. Welche Fake News zu Corona unterwegs sind und was ihre Prüfung ergab, sammelt z. B. mimikama, ein Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch in Wien hier. Wie man Fake News erkennt und was dahinter steckt wird hier von einem Faktenchecker erklärt. Was man bei Kontakt mit Falschnachrichten tun kann, siehe hier.
2. Spenden Sie Trost, sorgen Sie für Ablenkung
Das Virus verändert viel und verlangt, Gewohntes auf den Kopf zu stellen. Abgesehen von den konkreten gesundheitlichen Gefahren, schafft allein das Unsicherheit, erzeugt Ängste und damit Stress. Umso wichtiger, runterzukommen und sich gemeinsam abzulenken. Dazu müssen Sie kein Virologe sein, vermutlich können Sie das besser als jeder Arzt.
Rufen Sie in Ihrem Umfeld Menschen an, die zu Risikogruppen gehören, die besonders einsam und verunsichert sind, chatten Sie mit Ihnen oder schreiben eine Mail oder Karte.
Hören Sie zu, beruhigen Sie ggfs., lenken Sie ab, spenden Sie Trost.
„Einfach mal reden“ – dafür gibt es berlinweit schon seit Längerem das Angebot von Silbernetz, welches nun auch bundesweit freigeschaltet ist. Unter der Nummer 0800 4 70 80 90 können ältere vereinsamte Menschen bei diesem Hilfetelefon täglich von 8 bis 22 Uhr kostenlos, vertraulich und anonyme Gespräche führen. Verbreiten Sie dieses Angebot oder werden Sie selbst aktiv – als so genannte „Silbernetz-Freund_in“ telefonieren Sie einmal pro Woche ehrenamtlich für eine Stunde mit einer älteren Person. Mehr Informationen hier.
3. Werden Sie digital aktiv
Miteinander sprechen, füreinander da sein, etwas bewegen: Im digitalen Zeitalter muss nicht unbedingt physische Kopräsenz gegeben sein. Das Internet macht viel möglich, vielleicht jetzt besonders. Hier eine kleine Auswahl:
#WirVsVirus: Der #WirVsVirus Hackathon der Bundesregierung fand vom 20. bis 22. März statt – mit über 40.000 Teilnehmer/innen und 1900 eingereichten Projektideen. Die 20 ausgezeichneten Projekte können hier angesehen werden. Informationen, wie es mit den entstandenen Prototypen weitergeht gibt es außerdem hier. Auch die beiden folgenden Initiativen sind aus dem Hackathon hervorgegagen:
Corona School: Nicht nur die Schulen, sondern auch die meisten Universitäten sind momentan geschlossen. Um Eltern und Schüler/innen während der Corona-Krise zu entlasten und für eine sichere wie zuverlässige Lernatmosphäre zu sorgen, vermittelt die Corona School den Kontakt zwischen Schüler/innen und Studierenden für eine virtuelle Lernbetreuung. Mehr Infos hier.
#HackingCorona: Viren sind keine Lebewesen, sondern Information – ein Code, der sich knacken lässt. Mit der Kampagne #HackingCorona wird dazu aufgerufen, die internationale Forschungsinitiative Folding@Home zu unterstützen und für die Suche nach einem Impfstoff die Rechenleistung des eigenen Computers zu spenden. Wie das funktioniert erfahren Sie hier.
Triaphon: Damit auch Menschen mit Sprachbarriere informiert werden können und das Gesundheitssystem durch Verständigungsprobleme nicht zusätzlich strapaziert wird, hat das Projekt Triaphon eine Corona-Soforthilfe aufgebaut. Sie sprechen Deutsch und Arabisch, Bulgarisch, Farsi/Dari, Polnisch, Rumänisch, Russisch, Türkisch oder Vietnamesisch? Dann können Sie bei Triaphon ehrenamtlich aktiv werden und anonym Patient/innen und medizinischem Personal bei der Kommunikation unterstützen.
youvo.org: Den kreativen Köpfen unter Ihnen sei die Plattform youvo.org ans Herz gelegt. Dort können Sie (bereits seit 2014) u.a. Ihre Fähigkeiten aus den Bereichen Design, Kommunikation und Digitales für soziale Organisationen einbringen und diese z.B. mit einem neuen Flyer oder einem Kommunikationskonzept unterstützen. Wer mitmachen will, muss sich auf der Webseite zunächst registrieren und kann sich dann auf ausgeschriebene Projekte bewerben.
Je mehr Menschen helfen wollen, desto größer die Zahl der Plattformen, Apps und anderen digitalen Möglichkeiten, die beide Seiten zusammenführen wollen, Helfende und Hilfsbedürftige. Ein so natürliches wie prinzipiell erfreuliches Phänomen, denn es braucht Akteure, die Bedarfe aufgreifen, Handeln ermöglichen, Hilfen koordinieren, vernetzen etc. Nur ist gut gemeint auch nicht immer gut gemacht. Und wahrscheinlich gibt es längst einschlägige, professionell organisierte Angebote. Nach unserem Überblick lässt sich die Seriösität von Plattformen zur Corona-Hilfe daran erkennen, wie die Betreiber mit den folgenden Fragen umgehen. Je mehr Neins, desto vorsichtiger sein.
Gibt es Hinweise auf Selbst- und Fremdschutzmaßnahmen, die Freiwillige berücksichtigen sollten?
Wird transparent gemacht, wer hinter der Plattform etc. steht, welche Kompetenzen der- oder diejenige hat?
Wird darüber informiert, was mit den Daten, die man von sich als Freiwilligem/r eingeben soll, umgegangen wird: Wer nutzt sie wie lange und zu welchem Zweck?
Besteht die Möglichkeit, sich wieder abzumelden?
4. Nähen Sie Mundmasken
Obwohl Masken keinen sicheren Schutz bieten, helfen sie insbesondere zu vermeiden, das Virus beim Sprechen, Husten oder Niesen auf andere zu übertragen. Inzwischen ist es im Einzelhandel und im öffentlichen Nahverkehr in allen Bundesländern Pflicht, eine solche Bedeckung der Mund-Nase Partie zu tragen.
Dabei kommt es vor allem darauf an, die „Community-Maske“, wie sie inzwischen auch genannt wird, richtig zu benutzen. Was man dabei falsch machen kann, schreibt die FAZ hier.
Wichtig scheint aktuell auch: Medizinische Mundschutz- und erst recht Atemschutzmasken besser dem medizinischem Personal überlassen. Stattdessen Mund-Nasen-Masken zu Hause mit der Nähmaschine selbst herstellen. Das ist nicht sooo schwer, im Internet finden Sie bereits unzählige Anleitungen:
Z.B. auf YouTube unter dem Stichwort “Mundschutz nähen”
Als schriftliche Anleitung z.B. hier von der Ehrenamtagentur Essen
Schnittmuster und Anleitungen zum Download gibt es außerdem hier
Und wenn Sie Ihr eigenes Umfeld dann ausgestattet haben, können Sie weitere Mund-Nasen-Masken an verschiedene Einrichtungen in Ihrer Region spenden. Bedarf dafür haben z.B. Seniorenheime, die Tafeln, Kindereinrichtungen sowie Physiotherapie- und Arztpraxen. Die Freiwilligenagentur Halle-Saalkreis hat beispielsweise einen Aufruf gestartet und gibt die gespendeten Selfmade-Mund-Nasen-Masken weiter. In Berlin sammelt u.a. das Unionhilfswerk. Eine weitere der zahlreichen Initiativen, die zum Thema Mundmasken entstanden sind, finden Sie unter dem Hashtag #maskefürdich.
Wenn Sie Ihr Produkt nach außen öffentlich anbieten, dann nennen Sie es besser nicht “Mundschutz”- oder “Schutzmaske”. Das ist ein geschützter Begriff für ein medizinisches Produkt. Bislang noch nicht passiert, aber Sie könnten andernfalls eine kostspielige Abmahnung erhalten, heißt es.
5. Spenden Sie Geld, Lebensmittel etc., kaufen Sie Gutscheine
Zwar werden im Moment erhebliche staatliche Mittel zur Verfügung gestellt, um die Folgen von Corona aufzufangen, aber es werden natürlich auch private Spenden benötigt, für ganz unterschiedliche Zwecke und Gruppen.
Obwohl noch selten Teil der Berichterstattung, ist klar: In armen Ländern mit schwächeren Gesundheitsinfrastrukturen wird es für die Menschen noch schwieriger, dem Virus etwas entgegenzusetzen und Covid 19-Erkrankte zu versorgen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa bittet um Spenden für Forschung, die Ausbreitung des Virus zu verfolgen und zu verstehen, Versorgung von Patient/innen und Schutz der Mitarbeiter/innen
“Ein Zaun, der nicht trennt, sondern verbindet!” Eine vergleichsweise neue, aber derzeit überall auftauchende Form des Spendens sind Gabenzäune. An öffentlichen Plätzen werden Gitter oder andere Einhegungen genutzt, um Plastiktüten, Papiertüten und Stofftaschen anzubringen. Gefüllt mit Lebensmitteln, Tee, Hundefutter, Deo, Seifen, Tampons, Taschentüchern etc., helfen sie obdachlosen Menschen über die Runden zu kommen.
Einer von ihnen sagt in einem Bericht: „Sonst schlagen wir uns viel mit Schnorren durch. Aber das geht gerade natürlich nicht. Und ich finde es so toll, was die Menschen hier alles ablegen.“ In Hamburg gibt es für dieses niedrigschwellige Hilfsangebot sogar einen eigenen Verein.
In Not geratene Einzelhändler, Cafés etc. mit dem Kauf von Gutscheinen unterstützen: Auch das ist ein neues Phänomen des Engagements. So ruft etwa der Berliner Eisladen Rosa Canina mit der Aktion “Gutscheine statt Klopapier” dazu auf, kleine Läden, Cafés und Co. in der Nachbarschaft mit dem Kauf von Warengutscheinen, Voucher und Geschenke- und Stempelkarten zu unterstützen. Jeder Euro zählt, um Gehälter, Rechnungen, Miete und Co. auch weiterhin zahlen zu können. Mittlerweile sind dafür mehrere Plattformen aktiv:
Auf helfen.berlin können Sie z.B. Berliner Lieblingsorte unterstützen.
Bundesweit gibt es z.B. die Initiative #Paynoweatlater mit der lokale Betriebe aus Einzelhandel und Gastronomie unterstützt werden können .
Neu ist außerdem die Plattform Kiezretter, die im Rahmen des #WeVsCorona Hackathons entstanden ist.
6. Spenden Sie Blut
Hier scheint die Risikoabwägung eindeutig: Wer gesund ist und Blut spenden kann und mag, sollte das Haus verlassen. Gerade am Beginn einer Epidemie braucht es Spenden. Die einschlägigen Organisationen müssen einen Vorrat anlegen, um für später gewappnet zu sein, heißt es beim DRK.
Das DRK hat sehr detailliert Informationen zu allen Fragestellungen aufbereitet, siehe hier. Infomieren Sie sich vorher, bspw. wenn Sie in einem Risikogebiet waren, dann ist eine vierwöchige Sperre einzuhalten. Und wenn Sie sich auf den Weg machen, Sie wissen schon, Abstand halten, die neue solidarische Geste.
7. Schenken Sie Lächeln und Applaus
Krankenhäuser, Arztpraxen, Einkaufsläden, Drogerien, Apotheken: Wer hier beschäftigt ist und versorgt, verkauft, verarztet, vertröstet etc., steht derzeit schwer unter Druck. Wenn es derzeit Held/innen gibt, die Übermenschliches leisten, dann finden Sie sie u.a. hinter der Kasse und am Praxistresen.
Ob beim Einkaufen oder beim Arzt: Haben Sie Geduld und schenken Sie den Angestellten ein Lächeln oder machen ein kleines Geschenk – und halten Sie dabei, Sie wissen schon, so gut es geht, den wichtigen Abstand.
Beteiligen Sie sich an öffentlichen Anerkennungsgesten, wie z.B. an dem täglichen Applaus für alle Einsatzkräfte, zu dem aktuell aufgerufen wird.
ZUSAMMENHALTEN! Macht mit: Lasst uns mit einer Geste des täglichen Applaus ab Mittwoch den 18.03.2020, um 21.00 an unseren Fenstern und Balkonen zusammenkommen und unseren Ärzten, Sanitätern, Einsatzkräften, Krankenpflegern und all den Helden, die gerade jetzt für unsere und anderer Menschen Gesundheit und Sicherheit sorgen, damit danken!!! Applaus Ab Mittwoch 18. März 2020 Uhrzeit: 21.00 Uhr Ort: Deutschland – am offenen Fenster Bitte teilt das! Bleibt gesund und haltet zusammen!!!
8. Übernehmen Sie Einkäufe (und bleiben Sie vorsichtig)
Am einfachsten und vertrauenswürdigsten ist, wenn Einkäufe über familiäre oder befreundete oder nachbarschaftliche Strukturen übernommen werden, da hierbei der mögliche Missbrauch relativ ausgeschlossen erscheint. Dazu können Sie auch beispielweise auch Plakate in Ihrem Haus aufhängen (siehe hier).
Denken Sie bitte immer daran, in welchen öffentlichen Kontext Sie Ihre Telefonnummer und Ihre privaten Angaben veröffentlichen möchten.
Sollte dieses Umfeld bereits versorgt sein, können Sie auch für fremde Menschen aktiv werden. Inzwischen gibt es auch sehr viele Websites, auf denen sich schon Tausende Hilfsbereite registriert haben. Ein beeindruckendes und für alle wertvolles Signal.
Dem großen Angebot steht allerdings – bislang – eine geringe Nachfrage gegenüber. Bitte seien Sie nicht enttäuscht, wenn Sie vorerst nicht kontaktiert oder gebraucht werden. Die Lage verändert sich ständig und wenn nicht im Moment dann zu einem späteren Zeitpunkt, vielleicht dann auch mit einer anderen Aktivität? Zur traurigen Wahrheit gehört gerade: Insbesondere für Risikogruppen und ältere Menschen kann zusätzlicher direkter Kontakt gefährlich werden, so lautet die eindeutige Warnung eines Virologen (hier).
Sind Sie selbst gesund und gehören Sie nicht zu den Risikogruppen bzw. kommen Sie nicht aus einem Risikogebiet?
Beachten Sie alle gebotenen Hygiene- und Schutzmaßnahmen beim Einkaufen (Händewaschen, Abstand halten, Hustenetikette, kein Händeschütteln, Mundschutz tragen etc.).
Vermeiden Sie, soweit möglich, den persönlichen Kontakt. Klären Sie beispielsweise telefonisch oder digital, was eingekauft werden soll.
Um Missverständnissen vorzubeugen, klären Sie im Vorfeld ab, wie die Kosten für die Einkäufe erstattet werden. Am sichersten kann dies online geschehen. Die Person, die die Einkaufshilfe nutzen muss, kann auch Bargeld in einer Tüte/ in einem Umschlag deponieren und vor ihre Tür legen. Denkbar auch, die Geldübergabe auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Das wird ggfs. auch dann erforderlich sein, wenn die betroffene Person kein Bargeld (mehr) zuhause hat.
Stellen Sie den Einkauf vor der Wohnungstür ab, vermeiden Sie unbedingt das persönliche Gespräch, in Notfällen mindestens zwei Meter Abstand halten.
Das Risiko der Verbreitung über die Einkaufstüte scheint gering zu sein, ist aber nicht prinzipiell ausgeschlossen (mehr dazu hier). Daher sollten sich danach alle Beteiligten so oft wie möglich, Sie wissen schon: die Hände waschen.
Werden Sie nur für einen Haushalt aktiv, so können Sie zwar unwahrscheinliche, aber mögliche Multiplikationsfälle vorab ausschließen.
Bleiben Sie aufmerksam – und das nicht nur in Bezug auf das Virus, sondern auch auf seltsame Anliegen und Korrespondenz oder Dating-Anfragen, die auf Missbrauch hindeuten und die Sie auch im Normallfall niemandem erfüllen würden. Das müssen Sie auch nicht in Zeiten von Corona. Dann lieber nicht aktiv werden und den Verdacht an die zuständigen Plattformen melden.
Die Ehrenamt Agentur Essen zeigt beispielsweise in einem sehr anschaulichen Videotutorial, was Sie bei der Einkaufshilfe beachten sollten. Darüber hinaus haben sie diese Informationen mit den wichtigsten Verhaltens- und Verfahrenshinweise zusammengefasst kompakt auf zwei Seiten in einem Leitfaden zusammengefasst (hier).
Auch die Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis hat im Rahmen der gemeinsamen Initiative “Corona – jetzt helfen in Halle (Saale)” mit dem Evangelischen Kirchenkreises Halle-Saalkreis eine hilfreiche Handreichung mit wichtigen Aspekte, auch zum Thema Bezahlung, für Sie als Helfende zusammengefasst (hier).
9. Seien Sie zurückhaltend bei der Kinderbetreuung
Eltern, Alleinerziehende, die arbeiten, aber plötzlich ganztags auf die Kinder aufpassen müssen: Mit der Schließung von Kitas und Schulen ist zuweilen beides nicht mehr zu vereinbaren. Deshalb gab es schnell solidarische Angebote, die Betreuung der Kleinen zu übernehmen – aus der Nachbarschaft, aber auch vermittelt über das Netz. Allerdings sind auch hier Risiken der Eigen- und Fremdgefährdung abzuwägen.
Allem voran, so die Mahnung vom allseits bekannten Virologen Drosten: Ja keine neuen Gruppen von Kindern zusammenstellen! Wenn erforderlich, die zusammenbringen, die sich aus Kita und Schule schon kennen. Nur so vermeidet man Multiplikationseffekte in der möglichen Verbreitung des Virus.
Das ist nicht leicht einzusehen, wie die verständliche Frustration einer engagierten Frau zeigt, die mit großem Herz Kinder betreuen wollte, siehe ihre Geschichte einer „missglückten Hilfe“ und die Reaktion des Virologen hier.
Uns scheint nach Lage der Experten-Einschätzungen: Bei der Kinderbetreuung sind die Möglichkeiten eher eingeschränkt und sollten auch nur im Notfall genutzt werden. Denkbar erscheinen die Aktivierung von Verbindungen, die auch zur bisherigen Alltagswelt der Kinder gehört haben.
Im Moment sehen wir noch keinen akuten Bedarf, das kann sich aber – wie alles bei Corona – schnell ändern.
Vielleicht können ja auch Eltern digital und telefonisch unterstützt werden?
10. Entwickeln Sie neue Ideen
Sie haben neue Ideen, wie man/frau sich digital und per Telefon für andere Menschen engagieren oder Strukturen unterstützen können, an die bislang noch nicht oder kaum gedacht wurde?
Melden Sie sich unter: bagfa@bagfa.de Wir werden Ihre guten Ideen verbreiten und teilen.
Weitere Anregungen für kontaktfreies Engagement Die Freiwilligenagentur Magdeburg stellt aktuell jeden Tag eine kontaktfreie Engagement-Idee gegen Corona-Frustauf ihre Website. Auch der Newsletter von Govolunteer informiert regelmäßig über verschiedene (und insbesondere kontaktlose und digitale) Engagementmöglichkeiten.
Was können Freiwilligenagenturen jetzt tun?
Foto: Berkeley Communications via Unsplash
Die ganze Gesellschaft ist im Krisenmodus: Alle müssen sich umstellen, Unsicherheiten verarbeiten, Unübersichtlichkeit aushalten, Routinen aufgeben.
Und viele wollen sich auch solidarisch zeigen, sich engagieren und etwas Sinnvolles tun.
Damit sind auch die Freiwilligenagenturen und weitere Engagementstrukturen gefragt.
Hier beschreiben wir, was in unseren Augen im Moment sinnvoll erscheint. So dynamisch, wie sich die Lage entwickelt, kann sich das schnell ändern.
Manches erscheint Ihnen selbstverständlich oder ist bereits erledigt? Umso besser.
Fehlt ein wichtiger Aspekt? Bitte weisen Sie uns unter bagfa@bagfa.de darauf hin.
Wir empfehlen folgende Schritte:
Ergreifen Sie Selbst- und Fremdschutzmaßnahmen für sich und ihre Organisation.
Schätzen Sie die Folgen von Corona für die Organisation ab, vor allem hinsichtlich Veranstaltungsmanagement und Finanzen.
Checken Sie Ihre Ressourcen, Kompetenzen und Kooperationen: Loten Sie Möglichkeiten aus und nutzen Sie sie effektiv.
Bleiben Sie Up-to-date: Holen Sie Informationen ein, sortieren und teilen Sie diese auf allen Kommunikationskanälen (z.B. bedarfsgerechte Engagementtips).
Bauen Sie eine Anerkennungs- und Aufklärungskultur auf: Informieren Sie Engagementinteressierte und würdigen Sie die Bereitschaft, auch wenn sie noch nicht zum Einsatz kamen.
Werden Sie gemeinsam mit anderen aktiv: Gibt es noch Bedarfe, bauen Sie Hilfsstrukturen auf und unterstützen Sie, wo dies erforderlich ist.
Beantragen Sie Unterstützung und Förderprogramme.
Werden Sie politisch.
Bleiben Sie kreativ.
Achten Sie auf Ihre eigene Leistungsfähigkeit und die Ihrer Organisation. Wenn Sie noch Kapazitäten haben, setzen Sie unbedingt Prioritäten und nutzen Sie Ihre Erfahrungen und Netzwerke als Engagement-Expertinnen möglichst effektiv. Versuchen Sie weder neue Strukturen auf die Schnelle aufzubauen noch sich in neue Felder einzuarbeiten, sondern handeln Sie dabei immer in Kooperation mit Verwaltung und weiteren Akteuren. Manchmal ist es hilfreicher, vorhandene Strukturen und Initiativen zu unterstützen, als parallel eigene aufzubauen. Die Corona-Krise ist keine Profilierungsfrage, sondern die größte Verantwortungsherausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg. Bewahren Sie Ruhe und Gelassenheit. Die (medizinischen) Versorgungsstrukturen sind im Moment wichtiger und deutlich mehr unter Druck. Tun Sie vor allem nichts/wenig, was vielleicht auch schaden kann: Das ist die erste bürgerschaftliche Pflicht, gerade der beruflichen Aktiven.
Selbstschutz und Folgenabschätzung
Schützen Sie sich selbst, Ihre Freiwilligen und Mitarbeiter/innen (Beratung digital und telefonisch, Home-Office).
Organisieren Sie Ihre Veranstaltungsplanung neu, denken Sie an rechtzeitige Stornierungen. Aktuell scheint es ratsam, bis Mitte des Jahres keine Veranstaltungen (neu) zu planen und die bereits organisierten ständig hinsichtlich der Stornierungsmöglichkeiten zu überprüfen.
Schreiben Sie Ihre Zuwendungsgeber zu gegebener Zeit an und weisen Sie auf die Umstellungen, Ausfälle, fehlende Zielerreichungen und Stornierungskosten hin. Beschreiben Sie, wenn es Ihnen nötig erscheint, kurz Ihre aktuellen Herausforderungen und Ihre alternativen Aufgaben.
Das BMFSFJ hat die Thematik selbst schon aufgegriffen und z.B. an Trägerinnen kommuniziert:
„Soweit es im Rahmen des Programms „Menschen stärken Menschen“ aufgrund des Coronavirus zu Ausfällen, Unmöglichkeiten der Anreise (z.B. wegen Quarantäne) kommt und Storno-/oder anderweitige Ausfallkosten entstehen, können diese aufgrund der Ausnahmesituation im Rahmen der gewährten Zuwendung grundsätzlich als zuwendungsfähige Ausgaben anerkannt und abgerechnet werden. Dies gilt, soweit die Ausgaben nicht aus Eigenmitteln aufgebracht werden können. Außerdem sind vorher alle Möglichkeiten einer kostenfreien oder -günstigen Stornierung in Anspruch zu nehmen, um die Kosten zu reduzieren. Dies ist entsprechend zu dokumentieren und von Ihnen für eine Prüfung vorzuhalten. Die Ausgaben sind entsprechend im Verwendungsnachweis nachzuweisen.“ Dieses Beispiel sollte gute Schule machen.
Versuchen Sie arbeitsfähig zu bleiben und halten Sie weiterhin, wenn möglich, die professionellen Rahmenbedingungen ein (z.B. Abgabefristen für Berichte und Abrechnungen).
Finden Sie für sich die richtigen digitalen Kommunikations- und Arbeitsmöglichkeiten, um auch in nächster Zeit persönlicher Treffen zu vermeiden. Oft genutzte Tools sind zum Beispiel Trello, Slack, Google Docs etc.
Bei D3 – so geht digital finden Sie aktuell viele Beiträge und Informationen rund um Homeoffice und digitales Arbeiten. Auch eine digitale Sprechstunde zu diesen Themen (immer freitags um 11h) wurde eingerichtet.
Beim DRK finden Sie eine ausführliche Auflistung von hilfreichen digitalen Anwendungen im Homeoffice, jeweils mit Hinweisen zu Besonderheiten und Einschränkungen. Von Videokonferenzen über Projektmanagement-Tools bis hin zu Cloudspeicher-Lösungen und Textverarbeitungsprogrammen sind sehr viele Bereiche abgedeckt.
Auch hier gibt es einen praktischen Werkzeugkasten für digitale Tools.
Unter dem Motto jetzt digital handeln sammelt auch das betterplace lab (kreative) digitale Formate und bietet außerdem kostenlose Beratungsmöglichkeiten an.
Rollen und Ressourcenklärung
Bevor Sie aktiv werden möchten, analysieren Sie in Ruhe die Ressourcenlage: Was sind die Kompetenzen bspw. zu digitalen Umsetzungsmöglichkeiten, wie viel WoManPower hat Ihre Organisation? Kalkulieren Sie unbedingt auch krankheitsbedingte Ausfälle mit ein.
Entscheidend ist, dass Sie die Aufgaben, die Sie annehmen möchten, und die Strukturen, die Sie anbieten möchten, auch perspektivisch und kontinuierlich aufrechterhalten können.
Denn schneller Aktionismus kann auch ungünstige Folgen haben, zum Beispiel wenn
aufgrund mangelnder Aktualität nicht mehr gültige Informationen im Umlauf sind.
wegen mangelnder Absprachen unnötige Mehrarbeiten entstehen.
wegen falsch kommunizierter Bedarfe Freiwillige enttäuscht werden.
aufgrund unprofessioneller Durchführung Hilfen diskreditiert werden und mehr Schaden als Nutzen entsteht.
Ein tolles Angebot der Schmidt–Stiftung: In einer offenen Organisationsentwicklungs-Sprechstunde kann man die eigene Lage reflektieren.
Die Stiftung fragt: Wie geht es Ihnen als Vertreter/in einer Non-Profit-Organisation in diesen turbulenten Wochen? Wie navigieren Sie sich und Ihre Mannschaft? Welche Einschränkungen erleben Sie? Welche Möglichkeiten eröffnen sich? Oder geht es gar ums Überleben Ihrer Organisation?
Wenn Sie mit jemandem mit offenem Ohr und Herzen und Know-how in Organisationsentwicklung, New Work oder Projektmanagement, sprechen möchten, wenn Sie eine Frage umtreibt, die sie gerne schnell und unkompliziert mit jemandem besprechen möchten, dann besuchen Sie unsere pro bono OE-Sprechstunde. Mehr Informationen hier.
Informieren und kommunizieren
Foto: Burst via Unsplash
Bleiben Sie im engen Austausch mit Ihrer Verwaltung und den weiteren Engagementinfrastrukturen, wie den Wohlfahrtsverbänden und dem Katastrophenschutz, um die tatsächlichen Bedarfe für Engagement abschätzen und entsprechend reagieren zu können.
Recherchieren Sie auch zu lokalen Initiativen, vielleicht können Sie auch diese logistisch und kommunikativ unterstützen? Es gibt viele Gruppen unter dem Stichwort „Solidarische Nachbarschaften“ hier.
Erkundigen Sie sich auch nach unbedingten Bedarfen an professionellen Kräften in medizinisch-logistischen Bereichen und geben Sie diese weiter.
Teilen Sie alle weiteren Aktionen, Initiativen, die Ihnen sinnvoll erscheinen.
Denken Sie an Ihr Freiwilligenmanagement gerade auch in Krisenzeiten. Wichtige Punkte könnten sein:
Aufklärung über Risiken und Schutzmaßnahmen
gute und sichere Einsatzbeschreibungen
Benennung und Absicherung von Ansprechpartnerinnen- gerade bei Schwierigkeiten
digitale und telefonische Anerkennung
Ausstiegsmöglichkeiten mitdenken
Sie können auf Ihrer Website Informationen zu Corona für spezielle Zielgruppen veröffentlichen und teilen: Täglich aktualisierte Infos zum Coronavirus in deutsch, englisch, persisch, französisch und pashtu, finden Sie beispielsweise hier (aufbereitet vom Flüchtlingsrat Niedersachsen) oder hier auf den Seiten des WDR. Informationen über Corona in leichter deutscher Sprache gibt es hier vom Bundesgesundheitsministerium oder hier vom Spektrum der Wissenschaft.
Sie können auf Ihrer Website Engagement- und Aktionsmöglichkeiten (siehe die dargestellten Hinweise der bagfa) zusammenstellen und natürlich auch einzelne Engagementtips über Social-Media und E-Mail-Kanäle teilen. So sammelt z.B. die Freiwilligenagentur Magdeburg täglich einen neuen Engagementtipp auf ihrer Website.
Erinnern Sie immer wieder an das Gefährdungspotenzial direkter Kontakte.
Erklären Sie die aktuelle lokale Situation und die entsprechenden Bedarfe.
Verweisen Sie auf weitere Hilfsstrukturen wie der Telefonseelsorge: In der Corona-Krise bietet die Telefonseelsorge der beiden großen Kirchen ihre Hilfe an. Sie ist unter den Rufnummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222 täglich rund um die Uhr erreichbar. Sie berät kostenfrei und anonym. Mehr dazu hier.
Vermitteln Sie den Menschen, die sich engagieren möchten und sich bei Ihnen melden, ein realistisches und gutes Gefühl. Nehmen Sie, bei Wunsch, die Daten auf und informieren Sie sie auch zu weiteren Engagementmöglichkeiten.
Und informieren Sie über geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen:
Zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie hat das Bundesfinanzministerium am 09. April steuerliche Erleichterungen für gemeinnützige Organisationen und deren Förderer beschlossen. Diese gehen aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums hervor, hier nachzulesen.
Einer Pressemitteilung vom Bundesverband Deutscher Stiftungen und dem Stifterverband lassen sich folgende Erleichterungen und Handlungsspielräume aus dem BMF-Schreiben entnehmen:
Im Gemeinnützigkeitsrecht ist es nun möglich, im Rahmen der Corona-Hilfe auch ohne Satzungsänderung einerseits Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen, einzusetzen, andererseits Personal oder Räumlichkeiten zu überlassen. Gleichfalls sind Mittelweiterleitungen vereinfacht worden.
Daneben werden unter anderem Regelungen zur steuerlichen Behandlung von Zuwendungen und Spendenaktionen verbessert, Zuwendungsbescheinigungen erfreulicherweise vereinfacht, Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen als Sponsoring anerkannt, Schenkungssteuerbefreiungen gewährt und Arbeitslohnspenden lohnsteuerlich begünstigt.
Wichtig sind auch die Regelungen zum Schutz der gemeinnützigen Organisationen, nach denen Verluste aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder der Vermögensverwaltung ausgeglichen werden können, sowie die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen, die für Hilfeleistungen vorgesehen sind.
Nicht zuletzt wurden auch Regelungen getroffen, die es den gemeinnützigen Organisationen einfach ermöglichen, das Kurzarbeitergeld auf bis zu 80 Prozent des bisherigen Entgelts aufzustocken. Auch eine Fortsetzung der Zahlung von Übungsleiter- und Ehrenamtspauschalen wird nicht beanstandet werden.
Bundestag und Bundesrat haben angesichts der Corona-Krise Erleichterungen Ende März beschlossen, sieheden beschlossenen Gesetzentwurf hier Seite 11, Erläuterungen eines Rechtsanwalts dazu hier:
Vorstände können ab sofort über die Amtszeit hinaus im Amt bleiben, bis Neuwahlen stattfinden.
Man kann Mitgliederversammlungen durchführen, auch wenn niemand vor Ort ist, Mitglieder können stattdessen online teilnehmen und abstimmen.
Auch möglich sind Abstimmungen auf schriftlichem Wege, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Hilfsstrukturen etablieren: z.B. Haushaltspatenschaften und Familienunterstützung
Viele Freiwilligenagenturen bieten bereits Hilfsmöglichkeiten an.
Einen Auflistung der aktiven Freiwilligenagenturen finden Sie unten auf dieser Seite (direkt zur Auflistung hier)
Dabei finden sich auch viele nützliche Hinweise vor allem für Engagierte (siehe auch die Hinweise der bagfa oben), insbesondere auf folgenden Seiten:
Ausführliche Handlungshilfen für Spontanhelfer/innen, erstellt von der Uni Wuppertal gemeinsam mit den Maltesern, finden sich außerdem hier.
Bei allen gilt: Die Etablierung von professionellen Hilfsstrukturen sind voraussetzungs- und aufklärungsreich. Das meint: Neben der gesundheitlichen Aufklärung gelten auch noch immer und gerade während der aktuellen Situation Datenschutz und Versicherungsfragen, um Schaden von Engagierten und Betroffenen abzuwenden. Orientieren Sie sich an den bisherigen Hinweisen der anderen Kollegen/innen (siehe Links bzw. die Hinweise der bagfa).
Hinweis zu Kinderbetreuungsstrukturen Aufgrund der schwer einschätzbaren Lage, ungünstigen Rahmenbedingungen (Multiplikationseffekte) und erheblichen weiteren Fragestellungen (Versicherungsschutz, Datenschutz, Führungszeugnis etc.) würden wir im Moment nicht dazu raten, eigene Kinderbetreuungsstrukturen aufzubauen. Hier empfehlen wir eine Zusammenarbeit mit professionellen Betreuungsinfrastrukturen bzw. erfahrenen Trägern und Fachkräften in diesem Bereich.
Freinet online, die meistverwendete Online-Datenbank in Freiwilligenagenturen, hat ein eigenes einbindbares Tool entwickelt, das Freiwilligenagenturen und andere zivilgesellschaftliche Organisationen nutzen (können), um Nachbarschaftshilfe zu organisieren. Der Vorteil dabei: Die Kontaktvermittlung erfolgt über das Telefon, aus Gründen der Sicherheit. Vorgesehen in regionalen Koordinierungsstellen, werden die Hilfebedarfe betroffener Bürger/innen erfasst und durch Moderator/innen an freiwillige Helfer/innen weitergeleitet. Die Freiwilligen übernehmen dann unterstützende Tätigkeiten, wie Einkäufe, Apothekenabholungen etc. für Menschen, die dies momentan nicht selbst erledigen können. Über ein kurzes Kontaktformular werden einerseits Bedarfe von Personen/Familien via Online-Formular gemeldet, andererseits die Kontaktdaten von Freiwilligen erbeten. Jede Kommune (oder eine Freiwilligenagentur) baut eine entsprechende “Telefonzentrale” auf, die für die jeweilige Region die Einträge bearbeitet/abarbeitet. Die Nummern und die Online-Anmeldeformulare werden über die Gesundheitsämter, die Stadt, die Landkreise bekannt gemacht. Welche Regionen und Freiwilligenagenturen freinet bereits für die Coronahilfe nutzen, sehen Sie hier. Bei Interesse bitte hier Kontakt aufnehmen.
Förderprogramme und Unterstützung
Als erste große Förderorganisation hat die Aktion Mensch ein eigenes Soforthilfeprogramm aufgelegt:
Weil die Tafeln gerade nicht mehr funktionieren (auch wegen des Ausfalls vieler älterer Ehrenamtlicher), richtet es sich unter anderem an Vereine, die Angebote zur Lebensmittelversorgung von sozial schlechter gestellten Menschen organisieren, also in folgenden Feldern tätig sind:
die Lebensmittelbeschaffung und -versorgung
die Suche und Mobilisierung neuer Unterstützer/innen / Helfer/innen
den Aufbau von Lieferdiensten oder anderer innovativer Lösungen zur Versorgung
Freiwilligenagenturen (in nicht-kommunaler Trägerstruktur) können sich dementsprechend bewerben. Für die Beschreibung eines Vorhabens ist wichtig, die spezifische Notlage vor Ort, die entsprechenden Maßnahmen und Aktivitäten zu ihrer möglichen Behebung darzustellen. Denken Sie im Fall der Fälle daran, Ihre Zielgruppen inklusiv zu definieren.
Mehr Infos zur Förderung (bis zu 50.000 Euro, Zuschuss max. 95%) hier.
In folgenden Bundesländern haben wir noch weitere Förderprogramme entdeckt:
Einen guten Überblick zu den Aktivitäten in den Bundesländern im Bereich Engagement und Coronahilfe finden Sie hier beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.
Auch hier finden Sie eine hilfreiche Zusammenstellung verschiedener Fördermöglichkeiten.
Politisch werden
Es gibt viele Gründe, als Freiwilligenagentur die Stimme zu erheben und laut auf die Bedarfe und Nöte hinzuweisen, in denen viele Vereine etc. corona-bedingt stecken. Denn der Staat hilft in der Corona-Krise mit enormen Mitteln – aber noch nicht überall.
Ein Medienbericht erläutert hier: „Der Rettungsschirm, der in Deutschland für Unternehmen und Betriebe aufgespannt wurde, um Insolvenzen zu verhindern, lässt die gemeinnützigen und sozialen Betriebe im Regen stehen. Bei ihnen greifen die Hilfen nicht.“
Die Maecenata Stiftung sagt es hier so: „Unsere Politiker sprechen von der Not der Wirtschaft und des öffentlichen Gesundheitssystems. Von der Not – und Bedeutung – des bürgerschaftlichen Raums hört man wenig. Die Zivilgesellschaft bekommt vielleicht gerade mal ein wohlfeiles warmes Wort.“
Die bagfa hat deshalb gemeinsam mit anderen einen Aufruf von phineo hier unterzeichnet, der Staat und Politik zum weitreichenderem Handeln auffordert. Deren bisherige Maßnahmen, so sehr sie zu begrüßen seien, genügten nicht, heißt es darin. Aber die staatlichen Unterstützungsprogramme müssten auf den ganzen gemeinnützigen Sektor ausgeweitet werden, auch auf zivilgesellschaftliche Organisationen, die von privaten Spenden, Förderungen oder gewerblichen Einnahmen abhängig sind.
Gebraucht werden, so heißt es:
„flexible Anpassungen hinsichtlich Projektlaufzeiten, Personalkosten und Projektmitteln bei bestehenden Fördervereinbarungen,
unbürokratische und unkomplizierten Umwidmungen von Projektgeldern, z.B. beim Umstellen von Veranstaltungen auf digitale Angebote,
die Möglichkeit temporärer Satzungsänderungen, um Tätigkeiten bei der unmittelbaren Bekämpfung der Corona-Krise ausüben zu können,
der Verzicht auf Regressforderungen bei coronabedingten Veranstaltungsausfällen,
Kernfinanzierungen für den Aufbau nachhaltiger Infrastrukturen, wie z.B. den Aufbau finanzieller Rücklagen oder eigener Digitalisierungsstrukturen,
staatliche Finanzierungshilfen zum Ausgleich coronabedingter Einnahmeausfälle.“
Die Unterzeichner/innen dieses Aufrufs stehen mit ihrer Forderung nicht allein. Andere Akteure und Zusammenschlüsse mahnen Ähnliches an.
Der BBE-Koordinierungsausschuss fordert in seinem Beschluss einen Nothilfefonds der öffentlichen Hand. Das Geld der neu gegründeten Deutschen Stiftung für Ehrenamt und Engagement solle in den ersten Jahren vor allem für „die Kompensations- und Modernisierungskosten, die durch die Corona-Pandemie entstehen“, eingesetzt werden. Und zwar für
Digitalisierungsmaßnahmen,
den Aufbau, die Weiterentwicklung und Aufrechthaltung von Infrastrukturen sowie
„niedrigschwellige Förderformate für lokale oder sozialräumlich orientierte Infrastrukturen“.
Auch die Stiftung Aktive Bürgerschaft fordert ähnlich, den Start der Engagementstiftung zu verschieben, um stattdessen einen Fonds „Zivilgesellschaft und Digitalisierung“ aufzusetzen. Denn hier müssten jetzt alle Akteure investieren und zusätzliche Kosten schultern.
„Es geht aber um viel mehr als nur um Geld! Corona ist nur der Auslöser für eine tiefe Krise der Gesellschaft. Wir wissen schon jetzt, dass nach Corona vieles anders sein wird und sein muss als vorher. Ohne Zivilgesellschaft werden wir aus der Krise nicht herausfinden!“ So die Stimme der Maecenata-Stiftung hier.
Antrag im Bundestag: Bündnis 90/Die Grünen fordert größeren Rettungsschirm
Am 21.4. wurde von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag ein Antrag mit dem Titel „Rettungsschirm Zivilgesellschaft – Jetzt Soforthilfe für kleine und gemeinnützige Organisationen aufgrund der COVID-19-Pandemie schaffen“ eingereicht, der sich hier findet.
Darin werden Nothilfen für den „Dritten Sektor“ gefordert und es wird die Idee von Akteuren der Zivilgesellschaft aufgegriffen, dafür die Mittel zu verwenden, die dieses Jahr noch für die Engagementstiftung vorgesehen waren. Damit sollten „schnell und unbürokratisch Nothilfen für existenzbedrohte, zivilgesellschaftliche Organisationen gewährt werden“.
Kreativ bleiben
Engagement muss und kann neu gedacht werden: Selbstwirksamkeit kann auch durch digitale Nähe hergestellt werden. Denken Sie ums Eck, wo sich auch zukünftig Bedarfe auftun können oder auch wo Menschen sinnvoll von zu Hause aus aktiv werden können.
Recherchieren Sie zum Beispiel, wo es Engagementmöglichkeiten gibt, die digital von zu Hause erledigt werden und für Organisationen nützlich sein könnten. Auch jenseits der Corona-Herausforderungen, wie z.B. Layout- und Designaufgaben, Social-Media Auftritte, Website-Überarbeitungen, Kommunikationskonzepte etc. Hilfreich ist hier die Plattform youvo.org – dort können soziale Organisationen Projekte aus dem Kommunikations- und Digitalbereich ausschreiben und kreative Unterstützung erhalten, die dezentral und online stattfinden kann.
Überlegen Sie z.B. Wege, wie Sie Risikogruppen digitale/elektronische Kommunikation ermöglichen können.
Eine nützliche Informationsrubrik, die auch Freiwillige recherchieren könnten, wären alltagspraktische Tipps für Eltern, Kinder, Home-Office-Arbeitende und zum Heimsport.
Nutzen Sie die Potenziale Ihres Netzwerkes: Menschen können ihr bisheriges Engagement auch über digitale Kanäle ausüben, zum Beispiel: Zeitung vorlesen für ältere Menschen in Heimen, Geschichten erzählen für Kinder. Die Voraussetzung wäre, die entsprechenden digitalen Kommunikationswege herzustellen, zum Beispiel auch über die Leitung des Altenheims etc.
Noch ein anderer Blickwinkel: Auch die sogenannten Risikogruppen können sich von zu Hause aus engagieren.
Sammeln Sie gute Engagement- und Aktionsideen der Menschen ein und teilen diese. Die Freiwilligenagentur Magdeburg sammelt auf ihrer Website beispielsweise laufend Kontaktfreie Engagement-Ideen gegen Corona-Frust.
Stoßen Sie Aktionen vor Ort an, wie z.B. das gemeinsame Balkonsingen von der Bürgerstiftung/Freiwilligenagentur Jena oder der Märchen-Kanal auf YouTube von den Aktiven Bürgern Lichtenfels.
Und über den Tellerrand schauen
Der internationale Dachverband IAVE hat eine erste Telefonkonferenz zu den Herausforderungen für das Engagement durchgeführt. Der bagfa-Vorstand Wolfgang Krell hat hier in einem Protokoll erste Erfahrungen aus anderen Ländern dargelegt. Auf seiner Webseite bietet IAVE inzwischen ebenso Einblicke und zu unterschiedlichen Themen Webinare an (hier).
Freiwilligenagenturen in der Coronahilfe
Engagement am Anfang der Corona-Pandemie: Aktivitäten und Einsichten von Freiwilligenagenturen
Ergebnisse einer Umfrage Mitte März 2020
60 Freiwilligenagenturen aus ganz Deutschland haben zwischen 14. und 19. März 2020 einen kurzen Fragebogen der bagfa beantwortet. Die Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich hier.
Freiwilligenagenturen reagieren auf die Corona-Krise, indem sie das gesamte Repertoire ihrer Aktivitäten und Kompetenzen aufbieten, während sie gleichzeitig den regulären Betrieb anpassen und die Arbeitsfähigkeit digitalisieren.
Mitte März beobachten viele Freiwilligenagenturen ein erhebliches Missverhältnis: Den vielen Hilfsbereiten stehen noch wenig Menschen aus den Zielgruppen gegenüber, die die Unterstützung nutzen.
Die Corona-Krise hat bereits negative Folgen für das Engagement: Viele Freiwillige müssen ihre Aktivitäten ein- oder umstellen, worunter Zielgruppen leiden. Auch dass ältere Freiwillige ihr Engagement herunterfahren müssen, wird hervorgehoben.
Förderer, so mahnen viele Freiwilligenagenturen, sollten die eingeschränkten Arbeitsbedingungen berücksichtigen, Zielvorgaben anpassen, Corona-Hilfen ermöglichen und ggfs. finanzielle Akuthilfe bieten.
Wie sich das bürgerschaftliche Engagement durch die Corona-Krise verändern, dazu gehen die Einschätzungen weit auseinander. Es werde Umschichtungen in den Freiwilligen-Gruppen geben, sagen etwa einige, während andere meinen, am Ende werde sich wenig verändert haben.
Diese Freiwilligenagenturen sind momentan im Bereich der Coronahilfe aktiv:
Was gerade oder demnächst passiert und gebraucht wird
Der Kommunikationswissenschaftler Jens Wolling auf spiegel.de über “eine sich abzeichnende Spaltung in der Gesellschaft”: zum Artikel
„Wie in der Flüchtlings- oder der Klimafrage tun sich Bruchlinien zwischen Gruppen auf, die sich in ihren politischen Einstellungen, ihrer ökonomischen Situation und auch in ihrer Mediennutzung unterscheiden. Diese Bruchlinien werden von einigen bewusst aufgegriffen, um sie politisch zu instrumentalisieren.”
Der Soziologe Armin Nassehi auf zeit.de über die Debatte zu Lockerungen der Pandemie-Maßnahmen: zum Artikel
„Das Virus hat tatsächlich alles verändert, aber es hat sich nicht das Geringste daran geändert, wie eine komplexe Gesellschaft auf solch eine Ausnahmesituation reagiert. Man könnte sagen: Sie tut es ziemlich routiniert. Wir sehen, dass alle Akteure genauso auftreten, wie sie es sonst auch tun.”
Der Psychiater Jan Kablitzer ruft auf spiegel.de dazu auf, “nach dieser Zeit des Rückzugs wieder mehr den Horizont um die Perspektiven anderer zu erweitern”: zum Artikel
„Wenn die große Maschine, die unsere Gesellschaft ist, jetzt unter erhöhtem Druck wieder anlaufen soll, dann braucht es mehr von dem, was die Räder dieses sozialen Gefüges verlässlich schmiert: die vielen alltäglichen Gespräche mit Menschen, die einiges in dieser Welt völlig anders sehen als Sie.“
Der Katastrophenforscher Martin Voss über das falsche Bild von der „Corona-Krise“, zitiert in einem Bericht auf welt.de: zum Artikel
„Die aktuelle Pandemie sei eine ‚komplexe Katastrophe‘, weil praktisch alle Bereiche betroffen und die Auswirkungen nicht wirklich absehbar seien. Die meisten Menschen würden allerdings nicht an der Infektion sterben, sondern an den damit verbundenen indirekten Folgen. ‚Die Pandemie steht exemplarisch für die komplexen Katastrophen, die uns im 21. Jahrhundert in einer vernetzten Welt zunehmend drohen‘, warnte Voss.“
Außerdem heißt es: „‘Die Gesellschaft ist zusammengerückt. Aber wir sehen auch jetzt schon, dass mit ziemlicher Gewalt die Machtasymmetrien zurückkehren. (…) Es treten Lobbyisten in den Vordergrund, die parteipolitischen Akteure mit ihrer jeweiligen Klientel, die mehr Berücksichtigung finden sollen. Das ist der Anfang von dem, was wir in den nächsten Wochen und Monaten sehen werden.‘“
Die Warnung der Virologin Melanie Brinkmann vor der zweiten Welle, ausgesprochen am 22. April: zum Artikel
„Wenn wir das jetzt auf die leichte Schulter nehmen, wird es genau zu diesem Szenario kommen: Wir werden eine zweite Infektionswelle bekommen, die noch schwerer verläuft als die bisherige, weil sie im ganzen Land stattfinden wird und weniger lokal begrenzt, wie es bei der ersten Welle der Fall war.“
Die Soziologin Jutta Almmendinger auf spiegel.de über Solidarität und Vertrauen in der Corona-Krise: zum Artikel
„Was wir dieser Tage sehen, ist ein großes Maß an Vertrauen, das in den Menschen und in unserer Gesellschaft steckt. (…) Solidarisch kann man sein, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Vertrauen aber basiert auf Erwartungen. Das heißt aber auch: In den vergangenen Wochen haben sich riesige Erwartungen aufgebaut, die weit über ökonomische Transfers hinaus gehen. Vor uns liegt ein hoher Stapel von Wechselchecks.“
Der Kulturphilosoph Robert Harrison in der NZZ über das Buch ‘Decamerone” und wie das Erzählen von Geschichten das Immunsystem stärken kann: zum Artikel
„Boccaccios Meisterwerk ist das Buch der Stunde. (…) Wer bloss ums Überleben kämpft, wird nicht überleben. Das ist eine seiner grausamen Pointen. (Die Geschichte:) Zehn junge Leute ziehen sich aufs Land zurück, ordnen ihr Leben, gestalten jeden einzelnen Tag aufs Genauste, essen, trinken, tanzen in formvollendeter Kulisse und erzählen sich in dieser Umgebung an zehn Tagen jeweils zehn Geschichten. Dieses Erzählen ist die menschliche Immunreaktion auf eine gleichermassen physiologische wie eben soziologische Krise. Auf diese zweite Bedeutung fokussiert Boccaccio, und sie wird heute, im Zeichen des Coronavirus, viel zu wenig bedacht.“
Der Soziologe Steffen Mau im ‘Tagesspiegel’ über physische und soziale Nähe: zum Artikel
„Das Spiel der Geselligkeit, das wir für unser emotionales Wohlbefinden so sehr brauchen, geht in sachlichen Zwecken nicht auf. Videochats können physische Anwesenheit daher nicht ersetzen. Das „Lagerfeuer der Moderne“ (Michael Moorstedt) hat sich zwar in den virtuellen Raum verlagert, aber es wärmt nur bedingt. Entscheidend für gelungene soziale Kommunikation ist nicht das strategische Moment, sondern ebenso das Zufällige, das Beiläufige, das Ungeplante.“
Der Medizinsoziologe Matthias Richter auf zeit.de dazu, warum das Virus arme Menschen besonders gefährdet: zum Artikel
„Zu den Risikogruppen gehören vermutlich überdurchschnittlich viele Menschen mit geringerem Einkommen. (Es) sind dies auch noch diejenigen, die (…) weiterhin zur Arbeit gehen. Sie sitzen an den Supermarktkassen (…) und sind so noch einmal einem stärkeren Infektionsrisiko ausgesetzt. Hinzu kommt: In jeder Krise sind es zunächst die Jobs der Geringqualifizierten, die bedroht sind. Es gibt also gewissermaßen eine Häufung des Risikos in den unteren sozialen Schichten.“
Der Epidemologe Martin Eichner auf tagesschau.de mit Szenarien, wie es mit dem Infektionsgeschehen weitergehen könnte: zum Artikel
„Die aktuelle massive Kontaktbeschränkung führt dazu, dass sich deutlich weniger Leute anstecken. Das ist erstmal gut. (…) Das Problem ist allerdings, wenn wir die Ansteckungen aufhalten, wird auch kaum jemand immun. Wir brauchen aber aus epidemiologischer Sicht wohl etwa zwei Drittel Immunität in der Bevölkerung oder etwas mehr, um die Epidemie dauerhaft in den Griff zu bekommen.“
Die Youtuberin maiLab über die zeitlichen Horizonte der Corona-Maßnahmen: zum Film
„Es wird länger dauern, als die meisten denken.“
Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer sagt im ‚Spiegel‘, es sei an der„Zeit, mehr zu verstehen und sich weniger zu fürchten“: zum Artikel
„Wir erleben eine Situation von Ungewissheit. Hier ist es wichtig zu lernen, mit Ungewissheit zu leben, statt nach Sicherheiten zu suchen, die es nicht gibt.“
Der Historiker Yuval Noah Harari sieht uns in der NZZ in der Corona-Krise die Weichen für die Zukunft stellen, entweder in Richtung „Totalitarismus“ oder „stärkeren Bürgersinn“: zum Artikel
„Zentralisiertes Monitoring und drakonische Strafen sind nicht das einzige Mittel, das dazu führt, dass sich die Leute an Regeln halten, die ihr eigenes Wohl schützen. Wenn die Bürger die wissenschaftlichen Fakten kennen und wenn sie den Regierungen glauben, dass sie ihnen diese Fakten offenlegen, dann tun sie das Richtige, ohne dass ihnen Big Brother über die Schulter schauen müsste. Eine eigenverantwortliche, aufgeklärte Bevölkerung bringt gewöhnlich viel mehr zustande als eine unwissende und gegängelte.“
Der ‘Tagesspiegel’ über gerade gefragte Tugenden: zum Artikel
„Durch Ungeduld, Panik, Rechthaberei und Ignoranz entlarven sich die Engherzigen. Wer dagegen frei ist von der ausschließlichen Sorge um sich selbst, wird frei für die Sorgen der anderen. Darum geht es, jetzt und morgen und übermorgen.“
Die FAZ über die Herausforderung einer „paradoxen Solidarität”: zum Artikel
„Von der Gesellschaft insgesamt ist eine etwas paradoxe Art Solidarität gefordert: nicht eine Solidarität der Tat und des Beeinanderstehens, sondern der Unterlassung und des Abstandhaltens. Man hilft sich, indem man sich gerade nicht trifft und generell auf die gewohnten Formen der Gemeinschaftlichkeit verzichtet.“
DIE ZEIT über „eine nie da gewesene Demonstration der Mitmenschlichkeit“: zum Artikel
„Alle Maßnahmen, die nun das Leben der Menschen so stark verändern wie vielleicht sonst nur ein Krieg, folgen einem Imperativ, wie es ihn so noch nie gegeben hat: Wir wollen die Schwachen schützen, die Alten, die Vorerkrankten! (Sie) werden eben nicht stigmatisiert und ausgegrenzt (…) Stattdessen legen sich ganze Gesellschaften Fesseln an und zeigen so tätige Solidarität – eine nie da gewesene Demonstration der Mitmenschlichkeit.“
Was aus alldem folgtbzw. folgen könnte
Der Deutsche Ethikrat in einer„Ad hoc-Empfehlung” über das notwendige „Abwägen konkurrierender moralischer Güter“: zur Stellungnahme
„In dieser Krise ungekannten Ausmaßes können wir uns glücklich schätzen, so große Solidaritätsressourcen in unserer Gesellschaft zu besitzen. Wir müssen aber ehrlich sein: Auch mit diesen Ressourcen gilt es sorgsam umzugehen und Spannungen zwischen unterschiedlichen Ansprüchen bedürftiger Gruppen fair auszuhandeln.“
Der Jenaer Soziologe Hartmut Rosa in der taz über die „Zwangsentschleunigung“ und deren Folgen: zum Artikel
„Wenn man nach optimistischen Deutungen der Lage sucht, würde ich sagen, genau darin liegt die Chance: Dass man neue Formen der Erfahrung des In-der-Welt-Seins und Miteinander-Umgehens erlebt, von denen wir vielleicht auch profitieren oder zehren können, wenn die ökonomischen Konsequenzen, die unerfüllbaren Steigerungszwänge zuschlagen.“
Der Philosoph Henning Hahn in ‚Der Standard‘ über die Corona-Krise als „aufregendes Möglichkeitsfenster“: zum Artikel
„Im Grunde ist gar nicht gesagt, dass sich in den kommenden Monaten unser Lebensstandard verschlechtert, weil sich unser Verständnis von einem guten Leben selbst zu transformieren beginnt. Viele machen derzeit eine geradezu läuternde Erfahrung von Nähe, Entschleunigung und Zwischenmenschlichkeit.“
Der italienische Philosoph Giorgio Agamben in der NZZ über die Folgen des Ausnahmezustands: zum Artikel
„Es kam in der Vergangenheit zu schlimmeren Epidemien als der heutigen, aber niemand hatte jemals daran gedacht, deshalb einen Notstand wie den jetzigen auszurufen, der uns sogar daran hindert, uns frei zu bewegen.“
Die Philosophin Svenja Flaßpöhler über Corona- und Klima-Krise, im Interview mit NDR Kultur: zum Interview
„Der einzige Weg, wie man diese Krise für die Zukunft nutzbar machen kann, ist, dass wir die erstaunliche weltweite Mobilisierung, die wir gerade erleben, fruchtbar machen – zum Beispiel mit Blick auf die Klimakrise. Wir sehen, dass wenn die Welt will, dann kann sie auch. In Zeiten des Coronavirus wird die zunehmende Stilllegung des öffentlichen Lebens immer spürbarer. Wie verändert sich die Gesellschaft, wenn es draußen immer stiller wird?”
Die Frankfurter Rundschau über die Nach-Corona-Gesellschaft: zum Artikel
„Vielleicht lässt sich sogar gerade die erzwungene Zurückgezogenheit aus dem sozialen und öffentlichen Leben nutzen, um frühzeitig über Elemente einer Nach-Corona-Gesellschaft nachzudenken. Könnte es nicht sogar ermutigend sein, schon jetzt einmal ganz behutsam aus der Angststarre ins Konstruktive zu wechseln?“