14.12.2023

Mit einer Fundraisingstrategie in eine unabhängigere Zukunft: 55 Minuten mit Larissa Probst

Bleibende Einsichten aus unserem Digital-Talk über die Kultur des Gebens und Schenkens

Foto: Deutscher Fundraising Verband e.V.

Weihnachtszeit ist immer auch Spendenzeit – was wir in diesem Jahr zum Anlass genommen haben, einmal genauer zu erörtern: Was macht Spenden eigentlich aus – und wie wirbt man erfolgreich darum, dass andere einem etwas schenken?

Die Fundraising-Expertin Larissa Probst, Geschäftsführerin des Deutschen Fundraising Verbands e.V., berichtete, wie Spenden motiviert ist, wie man es möglicherweise steuern kann und was eine Kultur des Gebens braucht. Und nicht zuletzt fragten wir sie danach, wie man Ressourcen für Freiwilligenagenturen als engagementfördernde Infrastruktur einwerben könnte.

Der Digitaltalk ist hier zum Nachhören auf unserem YouTube-Kanal zu finden. Außerdem haben wir fünf zentrale Einsichten aus dem Gespräch mit ihr, geführt am 13. Dezember 2023, festgehalten:

1. Spenden macht glücklich

Eine erwiesene Tatsache, die man gar nicht oft genug nach außen tragen kann: Spenden macht glücklich! Je nach Lebensphase und persönlicher Situation gibt es unterschiedliche Motivationen, warum Menschen spenden möchten und wie viel sie spenden wollen. Insgesamt ist das Thema „Geben“ jedoch noch sehr wenig erforscht.

2. Spenden ist Beziehung

Viele hochvermögende Menschen, so berichtete Larissa Probst, tasten sich erstmal mit kleinen Spenden an eine Organisation heran. Gibt es eine Rückmeldung? Kommt zeitnah eine Spendenquittung und ein „Dankeschön“? Nimmt die Organisation die Beziehungspflege zu ihren Spender:innen ernst? Insgesamt lohnt es sich, jeden gespendeten Euro wertzuschätzen und ein persönliches Dankeschön an den:die Spender:innen zu kommunizieren. Aus dieser Kommunikation entsteht die wichtige Spender:innenbeziehung, die bis zum Testament reichen kann. Dies gilt natürlich nicht nur für Spenden hochvermögender Menschen, sondern aller Menschen. Wer es schafft, seine Spender:innen ein Leben lang zu begleiten und zu halten, profitiert auch von Lebensumständen, die sich gegebenenfalls verbessern. Hierfür braucht es auch Gespräche von Angesicht zu Angesicht: Um auf solche Spender:innen eingehen zu können, sollte man passende Kontaktmöglichkeiten schaffen. Ein entsprechendes Event muss nicht teuer sein, oftmals reicht eine nette Abendveranstaltung mit Snacks und Getränken.

3. Zielgruppenanalyse ist ein wichtiger erster Schritt

Um gutes Fundraising zu betreiben, sollte man sich zunächst im eigenen Netzwerk umschauen und die Zielgruppe genau analysieren, denn: Eine Maßnahme, die in Essen fruchtet, muss nicht unbedingt in München zielführend sein. Es geht immer darum, anknüpfbare Geschichten zu transportieren und für die Zielgruppe ansprechend zu formulieren. Die Relevanz der Organisation muss speziell für die Zielgruppe übersetzt werden. Dafür kann man auch kleine Schulungen für Ehrenamtliche anbieten, damit diese in die Lage versetzt werden, ohne Hemmungen über ihr Anliegen ins Gespräch kommen zu können. Ein guter Anfang ist auch stets ein Giving Circle (mehr Informationen hier). Hier wünschen sich Menschen statt Geschenke Spenden für eine Organisation, die ihnen am Herzen liegt. Eine gute Idee z.B. für ehrenamtliche Vorstände, um ihre Arbeit sichtbar zu machen und gleichzeitig für Unterstützung zu werben.

4. Eine gute Fundraisingstrategie aufzubauen ist eine Investition in die Zukunft

Nicht immer sind die Erfolge prompt messbar: Fundraising ist ein Prozess, der aufgebaut werden muss. Als Freiwilligenagentur sollte man im Blick behalten, dass man zu Beginn oft viel Arbeit und Beziehungspflege investiert, um Spenden zu verstetigen. Oftmals sind die Erfolge nicht sofort messbar, auf lange Sicht zeigen sich jedoch dann die Ergebnisse. So kann es auch gelingen, sich von öffentlichen Geldern ein Stück unabhängiger zu machen. Es ist wichtig, dass die öffentliche Hand die Infrastrukturarbeit der Agenturen unterstützt, gleichzeitig ist es auch wichtig, sich von staatlicher Mitsprache unabhängiger zu machen. Eine Fundraisingstrategie kann helfen, den nötigen Finanzierungsmix langfristig anzulegen.

5. Transparenz und Vertrauen sind die höchste Währung, um Gelder zu bekommen

Gerade kleine Organisationen können sich das Spenden-Siegel der DZI (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen) nicht leisten, was aber nicht heißt, so betont Larissa Probst, dass sie intransparent sind oder schlechtere Arbeit leisten. Auch „unbesiegelt“ lässt sich eine Transparenz für die Öffentlichkeit herstellen. Eine gute Alternative stellt die Initiative Transparente Zivilgesellschaft dar. Wer seine Finanzflüsse einsehbar macht, erzeugt Vertrauen! Spender:innen haben häufig das Bedürfnis, dass „jeder Euro ankommt“, wo er am dringendsten benötigt wird – Organisationen brauchen aber auch Geld für Verwaltung, Personal, Material und Re-Investition. Das muss klar nach außen kommuniziert und Spender:innen dieser Umstand bewusst gemacht werden.

Und zum Schluss skizzierte Larissa Probst noch einen spontanen und unkomplizierten Fahrplan für die nächsten Wochen rund um den Jahreswechsel, in dem sie zeigte, wie man noch ein kleines Stück vom großen Spendenkuchen abbekommt (letztes Jahr wurde über fünf Milliarden Euro gespendet), ohne allzu großen Aufwand zu betreiben:

  • Kurz vor Weihnachten: Eine Weihnachtsmail an den großen Verteiler mit gelungenen Geschichten aus diesem oder schönen Plänen für’s nächste Jahr – verbunden mit dem Aufruf: Statt Geschenke kaufen lieber spenden. Das ist auch im Sinne der Nachhaltigkeit.
  • Noch in diesem Jahr: Alle Spender:innen bekommen eine Quittung und eine Dankesnachricht, Keine Angst, beim ersten Mal sind es in der Regel nicht gleich so viele. Falls doch, kann man das im nächsten Jahr noch erledigen.
  • Im Januar: Eine weitere Mail, als Begrüßung im neuen Jahr und dem Aufruf, dass es denen, die um den Jahreswechsel vielleicht an der ein oder anderen Stelle etwas mehr bekommen haben als sie brauchen (Jahressonderzahlung, Inflationsausgleichspauschale, üppige Geschenke, etc.) doch auch gerne noch etwas davon spenden können. Hier wäre dann gut, auf ein zeitnahes Event zu verweisen oder zu schaffen, an dem man dann ins Gespräch kommen kann.
  • Als Literaturtipp für „unter dem Weihnachtsbaum“ empfiehlt Larissa Probst das Buch „Tipping Point“ von Malcolm Gladwell, in dem der Autor beschreibt, wie man als kleine Organisation Großes bewirken kann.