19.12.2023

Zusammenringen – Zusammenbringen – Zusammenwirken: 6 Freiwilligenagenturen erhalten den bagfa-Innovationspreis 2023

Wie Projekte von Freiwilligenagenturen den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern.

Bürgerschaftliches Engagement ist ein wichtiger Faktor für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wo sich Menschen engagieren, finden Begegnungen statt. In selbstorganisierten Nachbarschaftscafés kommen unterschiedlichste Menschen zusammen. Durch Patenschaften werden Chancen für Integration und Mitgestaltung erhöht. Ehrenamtlich getragene Lernangebote unterstützen benachteiligte Kinder und Jugendliche, Freiwillige nehmen auf Stadtteilführungen Themen wie Klima, Nachhaltigkeit oder Demokratie in den Blick. Die Liste der Projekte ließe sich noch lange fortführen.

Foto: Jason Leung via unsplash.com

Freiwilligenagenturen sind Meisterinnen in der Umsetzung solcher Vorhaben. Sie sprechen damit unterschiedliche Zielgruppen an und erzeugen Begeisterung für Engagement. Sie wenden sich an junge Menschen wie auch an Senior:innen. Sie sprechen Zugezogene und Einheimische, Menschen mit und ohne Beeinträchtigung an. Sie setzen sich ein für mehr Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe. Die Projekte von Agenturen nehmen dabei gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen unserer Zeit in den Blick: Klimawandel, Nachhaltigkeit, Bekämpfung von Armut, Hass und Ausgrenzung oder Bildungsnotstand sind nur einige Aspekte, die den Alltag bestimmen.

Was diese Projekte verbindet, ist ihr gemeinsames Anliegen: Sie fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt, wollen Austausch und Miteinander dort erzeugen, wo Spaltung, Barrieren und Konfrontation zunehmen. Vor diesem Hintergrund suchten wir in der 18. Auflage des bagfa-Innovationspreises genau nach diesen Projekten, die Gemeinschaft fördern, Zusammenhalt erzeugen und für Solidarität werben.

Am Ende erreichten uns 21 Bewerbungen. Gemeinsam zeigen sie, wie bunt und vielfältig die Projekte von Freiwilligenagenturen den gesellschaftliche Zusammenhalt vor Ort stärken.

Die Jury bestand in diesem Jahr aus echten Expert:innen im Thema “Gesellschaftlichen Zusammenhalt”. Cathrin Heinrich ist Geschäftsführerin der Stiftung Bürgermut, welche derzeit das Projekt “OpenTransfer Zusammenhalt” umsetzt. Dr. Holger Backhaus-Maul von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg forscht seit vielen Jahren zu Freiwilligenagenturen und ist außerdem im Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) tätig. Außerdem dabei war Henning Baden von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE), die in diesem Jahr mit dem Förderprogramm “transform_D” unter anderem einen Schwerpunkt auf Zusammenhalt legte.

Bei einer digitalen Jurysitzung am 12. Dezember 2023 wurden die von Freiwilligenagenturen aus ganz Deutschland eingereichten Bewerbungen gesichtet, ausführlich diskutiert und bewertet. Nach intensiver und leidenschaftlicher Diskussion legte sich die Jury auf 6 Gewinnerprojekte fest – eine Entscheidung, die nicht leichtfiel. Diese sechs Preisträger:innen werden mit jeweils 1.500 € ausgezeichnet.

Die feierliche Verkündung der Gewinner:innen fand auch in diesem Jahr als digitale Preisverleihung am 14. Dezember 2023 statt, bei der knapp 60 Kolleg:innen anwesend waren. Doch zuerst führte Dr. Holger Backhaus-Maul in einem Input „Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Freiwilligenagenturen“ in das Thema ein. Mit Blick auf den ersten Zusammenhaltsbericht des FGZ führte er aus, dass unsere Gesellschaft weniger gespalten sei, als es erscheint. Verglichen mit dem Höcker eines Dromedas, gebe es zwar Ränder der Gesellschaft, die gesellschaftliche Mitte sei allerdings groß, wenn auch heterogen.

Trotzdem zeigten sich auch Momente der sozialen Schließung. Für Freiwilligenagenturen, mit dem Anspruch Menschen zusammen zu bringen, sei dies nicht leicht im Umgang. Dr. Holger Backhaus-Maul legte nahe, nicht nur die Erfolgsgeschichten des Engagements zu zeigen, sondern auch die Ambivalenzen, Dissonanzen und Probleme zu kommunizieren. Zum Abschluss ermutigte er die anwesenden Kolleg:innen: Engagement sei eine Praktik des Zusammenhalts. Da Freiwilligenagenturen mit diesem Querschnittsthema über Organisationen und Handlungsfelder hinweg tätig sind, seien sie bereits eine moderne Antwort auf Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts, so Backhaus-Maul.

Der Input von Dr. Holger Backhaus-Maul ist hier zum Nachhören auf dem YouTube-Kanal der bagfa zu finden.

Gefolgt wurde der Input von einem Gespräch mit der Jury des Innovationspreises. Henning Baden teilte hier seine Eindrücke von den vielen Förderanträgen im “transform_D”-Programm der DSEE.

Dann hatte das Warten ein Ende: Die sechs Preisträger:innen wurden feierlich verkündet. Jedem Gewinnerprojekt gratulierte Henning Baden herzlich und begründete die Wahl der Jury mit einer kurzen Laudatio. Deutlich wurde, wie auf unterschiedlichen Wegen gesellschaftlicher Zusammenhalt vor Ort gestärkt wird: In Begegnungsorten und -Cafés, bei Tagesaktionen oder in langfristigen Bildungsprojekten. Die Projekte wirken in Stadtteile hinein, führen Lösungsansätze aus der Pandemiezeit weiter oder denken gängige Formate neu. Im Anschluss kamen die Gewinner:innen in einem Interview selbst zu Wort und teilten Einblicke aus den jeweiligen Projekten.

Die bagfa dankt sehr herzlich der Stiftung Apfelbaum und ihrem Stifter Dr. Hans-Martin Schmidt sowie Dr. Andreas Schmidt für die Anregung des Preises und die Bereitstellung der Preisgelder.

An dieser Stelle möchten wir uns außerdem herzlich bei allen Bewerber:innen für das Einreichen der zahlreichen spannenden Projekte, Ideen und Ansätze bedanken!

Teilnehmer:innen, Bewerber:innen und Jury-Mitglieder beim gemeinsamen Gruppenfoto

Die Gewinner:innen des bagfa-Innovationspreis 2023

Die EhrenamtsAgentur Weimar – „SchülerInnen freiwillig im Einsatz“

Einen Tag vor den Sommerferien engagieren sich hunderte Schüler:innen in verschiedenen Einsatzstellen im sozialen, ökologischen oder kulturellen Bereich – und das seit 15 Jahren beim Schülerfreiwilligentag in Weimar. Gefördert von der Thüringer Ehrenamtsstiftung findet der Freiwilligentag landesweit statt – Weimar zeichnet sich dabei durch hohe Teilnahmezahlen aus: 400 Schüler:innen waren etwa 2023 mit dabei. Dabei lernen sie niedrigschwellig Engagement kennen und begegnen Menschen aus verschiedenen Teilen und Altersgruppen der Gesellschaft.

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Foto: Bürgerstiftung Weimer
Foto: Stiftung Gute-Tat München & Region

Stiftung Gute-Tat München & Region – „Anlaufstelle Laptop-Spenden“

Laptops für Menschen, die sie wirklich brauchen: Das steckt hinter der „Anlaufstelle Laptop-Spenden“ der Stiftung Gute Tat München & Region. Mittels einer Anschubfinanzierung wurde eine Koordinierungsstelle eingerichtet, bei der Laptops verlässlich abgegeben, durch Freiwillige aufbereitet und anschließend an soziale Organisationen verteilt werden. Verschiedenen Zielgruppen mit entsprechendem Bedarf wird so digitale Teilhabe, etwa an Bildungsangeboten, ermöglicht.

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Centrum für bürgerschaftliches Engagement e.V. – „Talentwerkstatt Styrum“

Hinter der Talentwerkstatt Styrum verbirgt sich ein Begegnungsort im gleichnamigen Stadtteil in Mülheim an der Ruhr. Hier bringen Menschen mit und ohne Fluchterfahrung ihre Fähigkeiten ein und setzen verschiedene Projekte und Angebote um: eine Fahrradwerkstatt, ein Sprachsalon oder Theaterworkshops mit Schüler:innen der naheliegenden Gesamtschule. Dieser „Maker-Space für Engagement“ entsteht im Austausch mit den Menschen, die sich engagieren möchten. Außerdem kooperiert das Projekt mit verschiedene Partner:innen aus dem Stadtteil.

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Foto: Centrum für bürgerschaftliches Engagement e.V.
Foto: Freiwilligenzentrum für Stadt und Landkreis Gießen e.V.

Freiwilligenzentrum für Stadt und Landkreis Gießen e.V. – „Café Nachtlicht“

„Wo neues Engagement und Förderung mentaler Gesundheit zusammenfinden“, so lautet das Motto des Café Nachtlicht. Immer Samstag eröffnen Freiwillige hier einen Raum für Gäste mit oder ohne psychische Erkrankungen. In zwei Schichten stehen die Engagierten als Ansprechpartner:innen zur Verfügung. Damit ist das Café für ein niedrigschwelliger Treffpunkt für alle die einsam sind, jemanden zum Reden brauchen oder sich in Krisensituationen befinden. Das Projekt läuft in Kooperation mit dem sozialpsychatrischen Dienst Gießen, der den Gästen auch weiterführende Unterstützung bietet.

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Kölner Freiwilligen Agentur e.V. – „LeseWelten: Gutes Tun mit 26 Buchstaben“

Das nächste Gewinnerprojekt feiert ein Jubiläum: Schon seit knapp 20 Jahren bietet das Projekt „LeseWelten“ Vorlesestunden von Freiwilligen für Kölner Kinder an. Hierbei sind rund 160 Vorleser:innen an verschiedensten Orten in der Rheinmetropole präsent: Kitas, Schulen, Bibliotheken, aber auch in Unterkünften für Geflüchtete oder Museen. 2024 startet außerdem ein weiterer Baustein der LeseWelten: Mit einem Kinderrechte-Projekt im offenen Ganztagsangebot wird den jungen Menschen Demokratie und Beteiligung nähergebracht.

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Foto: Charlotte Wulff
Foto: ASB Zeitspender-Agentur

ASB Zeitspender-Agentur Hamburg – “Pfoten-Buddies: Unterstützung für Mensch und Tier”

Gerade für ältere und einsame Menschen ist das Haustier essenziel – und genau hier setzen die „Pfoten-Buddies“ an: Freiwillige unterstützen in dem Projekt Tierbesitzer:innen in schwierigen Situationen, etwa bei Krankenhausaufenthalten oder bei der Begleitung zum Tierarzt. Damit verhindern die Engagierten, dass ein Tier ins Heim gegeben werden muss. Gleichzeitig kommen die Freiwilligen mit den älteren Menschen ins Gespräch, bekämpfen Einsamkeit oder unterstützen mit Verweisberatung vor Ort.

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Die vollständige Dokumentation zum bagfa-Innovationspreis 2023 finden Sie hier als PDF zum Download.


Ein Preis für Freiwilligenagenturen
Mit dem Innovationspreis zeichnet die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V. (bagfa) seit nunmehr 18 Jahren Freiwilligenagenturen aus. Angeregt wurde der Innovationspreis durch die Stiftung Apfelbaum, die seither die Preisgelder ermöglicht. Ausgezeichnet werden Ansätze und Projekte von Freiwilligenagenturen, die in ungewöhnlicher und beispielgebender Weise zum Engagement der Bürger:innen vor Ort motivieren, es entwickeln, stärken und ausbauen. Durch jährlich wechselnde Themensetzungen beleuchtet der Innovationspreis die unterschiedlichen Arbeitsbereiche und zeigt das Panorama des kreativen Schaffens von Freiwilligenagenturen.