23.03.2022

Von einem Demokratiefördergesetz zu einem Demokratie- und Engagementfördergesetz! Stellungnahme des NETZWERK ENGAGEMENTFÖRDERUNG.

Stellungnahme zum Diskussionspapier für ein neues Demokratiefördergesetz

Das NETZWERK ENGAGEMENTFÖRDERUNG nimmt in einem Brief an Bundesfamilienministerin Anne Spiegel und Bundesinnenministerin Nancy Faeser Stellung zu dem geplanten Demokratiefördergesetz und begrüßt es, dass zivilgesellschaftliche Organisationen in diesem wichtigen Vorhaben eingebunden und gehört werden.

Im NETZWERK ENGAGEMENTFÖRDERUNG haben sich die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V. (bagfa), die Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e.V. (BaS), die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. (DAG SHG), das Bündnis der Bürgerstiftungen Deutschlands (BBD) und das Bundesnetzwerk Mehrgenerationenhäuser e.V. (BNW MGH) mit ihren über 2000 Einrichtungen vor Ort zusammengeschlossen. Sie haben sich – über die Besonderheiten der jeweiligen Einrichtungen hinweg – gemeinsam zur Aufgabe gemacht, die lokalen Engagementstrukturen nachhaltig und verlässlich zu stärken.

Die Stellungnahme

Was sollte in einem Demokratiefördergesetz geregelt werden?

„Der Staat kann zivilgesellschaftliches Engagement nicht erzwingen, er kann es aber mit guten Rahmenbedingungen fördern und ermöglichen.“ (aus dem Diskussionspapier vom 21.02.2022)

Wir teilen die in dem Diskussionspapier dargelegten inhaltlichen Herleitungen zu einem solchen Gesetz und die Schaffung einer verlässlichen Rechtsgrundlage für den Bund im Bereich „Demokratieförderung, Vielfaltsgestaltung und Extremismusprävention“, mit der sowohl eigene Vorhaben als auch Einrichtungen und Projekte vor Ort dauerhaft finanziell gefördert werden können.

Es fehlt allerdings der Bereich „Engagementförderung“. Daher plädieren wir dafür, das Gesetz um diesen Bereich zu erweitern.

Begründung:

Bürgerschaftliches Engagement auf der Grundlage gemeinsamer demokratischer Werte schafft Teilhabe und trägt wesentlich zur Demokratiestärkung bei. Freiwillig Engagierte haben zudem ein größeres Vertrauen in die demokratischen Institutionen als Nicht-Engagierte (vgl. Der deutsche Freiwilligensurvey 2019).

Dieser elementare Zusammenhang wird in dem Diskussionspapier vernachlässigt. Der geplante Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Extremismus ist zwar zwingend notwendig, greift aber zu kurz, denn am Anfang steht ein Engagement und seine Ermöglichungs- bzw. Beteiligungsstrukturen, die überhaupt erst die Grundlage von Demokratieförderung schaffen.

Daher sollten auch solche Einrichtungen gefördert werden können, die Engagement in seiner Vielfalt ermöglichen, mobilisieren und stärken. Engagementfördernde Infrastrukturen leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, dass sich Menschen engagieren können. Ihr niedrigschwelliger und inklusiver sowie generationsübergreifender und partizipatorischer Ansatz trägt wesentlich zur Demokratiestärkung bei. Damit das Engagement als Teilhabe- und Beteiligungsmotor noch wirkungsvoller und nachhaltiger werden kann, brauchen diese Einrichtungen und Projekte für ihre gesellschaftspolitisch wichtige Arbeit eine weitsichtige Förderpolitik in Form eines Demokratie- und Engagementfördergesetzes.

Denn: Alle gesellschaftlichen Herausforderungen, wie aktuell die Ukraine-Hilfe oder der Umgang mit der Corona-Pandemie, aber auch darüber hinaus der demografische Wandel, die Teilhabe von Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen oder Inklusion, lassen sich partizipativ und dadurch wirkungsvoller gestalten, wenn bürgerschaftliches Engagement mitgedacht und berücksichtigt wird.

Die örtlichen Beratungs- und Vermittlungsstrukturen unserer Organisationen und weiterer zivilgesellschaftlicher Einrichtungen sind gerade auch in aktuellen Krisenzeiten wichtige und systemrelevante Anlaufstellen für freiwilliges Engagement. Sie fördern als Vernetzungs- und Entwicklungsstrukturen das Gemeinwohl, mobilisieren und koordinieren Engagierte und sind starker Ausdruck der Solidarität und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

Bislang fehlt es an bundesweiten Kompetenzen, um diese nachhaltige, systemrelevante und soziale Infrastruktur vor Ort dauerhaft finanziell zu fördern. Denn nur mit stabilen Strukturen kann die Zivilgesellschaft auch in (zukünftigen) Krisensituationen kreativ, wirksam und teilhabeorientiert agieren. Ob Klimaschutz oder Migration, alles kann nur mit einer starken Zivilgesellschaft, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein demokratisches Gemeinwesen fördert, bewältigt werden.

Sie finden die offizielle Stellungnahme auch hier als PDF.