09.05.2022

„Und alle sind dabei!“ Kurzdokumentation zum bagfa-Arbeitsforum Family Volunteering

Familien-Engagement – ein Feld für Freiwilligenagenturen?!

Am 4. Mai 2022 trafen sich mehr als 30 Freiwilligenagenturen für ein digitales Arbeitsforum zum Thema Family Volunteering. Das Freiwilligen-Zentrum Augsburg hat im Rahmen des internationalen von Erasmus+ geförderten Projekts „Family Volunteering – a new form of engagement“ in den letzten zwei Jahren Erfahrungen mit Familienengagement gesammelt, die im Arbeitsforum vorgestellt und diskutiert wurden.

Familien-Engagement bedeutet, dass sich zwei oder mehr Mitglieder einer Familie gemeinsam engagieren. Die Idee und das Konzept von Familien-Engagement sind an sich nicht neu. Dennoch ist es im europäischen Raum nicht so weitverbreitet wie im angloamerikanischen Raum – oder wird zumindest nicht auf diese Art betitelt und beworben.

Nach einer kleinen Umfrage unter den Teilnehmer:innen wurde schnell sichtbar, dass Familienengagement bisher als Engagementbereich nur wenig im Bewusstsein der Freiwilligen verankert ist.

Daran möchte das Erasmus+ geförderte Projekt „Family Volunteering – a new form of engagement“ etwas ändern. In den letzten zwei Jahren haben sechs europäische Partner die Idee des Familien-Engagements genauer erforscht, Umfragen mit Freiwilligen und Organisationen gemacht, Handbücher und Leitfäden erarbeitet und nicht zuletzt das Konzept in der Praxis erprobt.

Wolfgang Krell, Geschäftsführer des Freiwilligen-Zentrums Augsburg stellte zu Beginn die Geschichte des Familienengagements in den USA vor wo der Samstag vor Thanksgiving als jährlicher Tag des Familienengagements seit 1990 zelebriert wird. Er hob hervor, dass unter den Begriff Familie im Kontext von Familienengagement alle Menschen fallen, die sich selbst als Familie sehen – unabhängig von biologischen Zusammenhängen, wie auch in diesem Video deutlich wird, das im Rahmen des Projektes entstanden ist.

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Wolfgang Krell hob hervor, dass Familienengagement im Kontext von Engagementförderung besonders spannend für Freiwilligenagenturen ist, die Erstengagierte erreichen wollen. Denn aus dem Forschungsstand geht hervor, dass Kinder, die früh an Engagement herangeführt werden, sich auch später in ihrem Leben engagieren. Außerdem engagieren sich erfahrungsgemäß Erwachsene mit Kindern häufiger als Erwachsene ohne Kinder. Er benannte außerdem das Potenzial von generationenübergreifendem Engagement, das dem Familien-Engagement meist inhärent ist.

Im Anschluss stellte Mareen Werthefrongel, Projektleiterin im Freiwilligen-Zentrum Augsburg die Zusammenarbeit mit den internationalen Projektpartnerorganisationen vor. Anhand der zahlreichen Beispiele aus Irland, Kroatien, Rumänien, Norwegen und Belgien wurde die Bandbreite von Familienengagement deutlich. Ob eine irische Familie eine Initiative zum Strandaufräumen gestartet hat, ein rumänisches Oma-Mutter-Tochter-Trio Nähkurse anbietet oder eine Familie aus Oslo in einem Seniorenwohnheim regelmäßig für die Bewohner:innen kocht – die Geschichten aus der Praxis stellten die Möglichkeiten des gemeinsamen Engagements von Familien eindrücklich dar. Auch die Situation der geflüchteten Familien aus der Ukraine bietet Möglichkeiten für Familienengagement, wie ein Beispiel aus Kroatien zeigte, wo ukrainische Familien mit kroatischen Familien in Familien-Tandems Unterstützung beim Ankommen erhalten.

Umwelt- und Naturschutz wurde als ein Engagementfeld hervorgehoben, das sich gerade in der Pandemiezeit besonders für Familien-Engagement eignet. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten für Freiwilligenagenturen, die Form des Engagements im eigenen Portfolio zu verankern: Entweder werden vorhandene Projekte und Angebote für Familien geöffnet oder es werden neue Engagementangebote spezifisch für Familien geschaffen. Dabei ging die Referentin auf die vielen Vorteile des Familienengagements ein, wie die Erreichung neuer Zielgruppen, die Stärkung der gesellschaftlichen Integration und die sinnvolle Freizeitgestaltung. Zum Abschluss stellte Mareen Werthefrongel die begleitenden Umfrageergebnisse aus dem Projekt vor, die zeigen, dass Familien-Engagement bisher wenig bekannt ist, aber von den Befragten als attraktive Engagementmöglichkeit eingeschätzt wird. 86 Prozent der befragten Einrichtungen möchten demzufolge gern Familien-Engagementmöglichkeiten anbieten, der hohe personelle Aufwand erschwert dieses Vorhaben allerdings.

Einen Einblick aus der Praxis boten darauffolgend Sheereen Ohnesorge-Gaa und Frank Helbig von der youfarm Augsburg, einer erlebnispädagogischen Jugendfarm, die verschiedene Engagement-Angebote für Familien umgesetzt haben. Dabei wurden an vier verschiedenen Aktionstagen insgesamt 22 Familien erreicht, von denen mehrere seitdem regelmäßig aktiv sind. Hier wurde der recht hohe personelle Aufwand eines solchen Angebots betont.

In der anschließenden Diskussionsrunde mit den Teilnehmer:innen des Arbeitsforums wurde vor allem die Frage diskutiert, wie sich der Schwerpunkt der Engagementförderung in den Aktivitäten hervorheben lässt und wie sich Familien-Engagement von herkömmlichen Angeboten für Familien abgrenzen lässt, auch in der Kommunikation.

Danach wurden in Kleingruppenarbeit die Vorteile und Potenziale aber auch die Herausforderungen im Familien-Engagement diskutiert. Vor allem die Nachhaltigkeit solcher Angebote mit hohem personellen Aufwand auf Seiten der Einrichtungen, schien bedenkenswert in der Planung von Family Volunteering Angeboten. Gleichzeitig wurden die zahlreichen Vorteile wie beispielsweise die Möglichkeit von Eltern, sich gemeinsam mit ihren Kindern zu engagieren und die teilweise bereits vorhandenen Kontakte zu Familienmitgliedern betont.

In der zweiten Kleingruppen-Runde gelang ein lebendiges Brainstorming für konkrete Engagementfelder für Familien. Hier wurde unterschieden zwischen Angeboten, die sich voraussichtlich leicht für Familien öffnen lassen und neu initiierten Engagementmöglichkeiten dezidiert für Familien. Auch die kommunikativen Möglichkeiten, um auf bestehenden Kanälen der Öffentlichkeitsarbeit dezidiert Familien anzusprechen, wurden in den Gruppen besprochen. Die Ergebnisse der Diskussion wurden den Teilnehmer:innen des Forums als Inspiration für weitere Maßnahmen in der eigenen Arbeit zur Verfügung gestellt.

In der Abschlussdiskussion wurde die Rolle der engagementfördernden Einrichtungen im Kontext von Family Volunteering vertieft und die Überlegung angestellt, wie der Familienbegriff in der Kommunikation möglichst inklusiv verwendet werden kann.

Handbücher zum Thema Familien-Engagement:

Im Rahmen des internationalen Projektes sind drei Handbücher entstanden, die sowohl theoretische als auch praktische Einblicke in Familien-Engagement in Europa geben und zum Nachahmen einladen. Die Handbücher können Sie hier abrufen: